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Wladimir Putin stellt sich in der Sendung "Direkter Draht" den Fragen der Bürger.

Foto: REUTERS/Alexei Nikolskyi/RIA Novosti/Kremlin

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Journalisten lauschen dem russischen Präsidenten.

Foto: EPA/YURI KOCHETKOV

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Die Inszenierung hört natürlich nicht im Fersehstudio auf: Auch Public Viewing in Sewastopol auf der Halbinsel Krim gehört dazu.

Foto: ap/Andrew Lubimov

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Omnipräsent war der Präsident sogar in einem Elektronik-Shop in Sibirien.

Foto: reuters/ILYA NAYMUSHIN

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Prorussische Aktivisten nahe dem Militärstützpunkt in Mariupol. Laut dem ukrainischen Innenminister wurden drei Separatisten bei Gefechten getötet.

Foto: REUTERS

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US-Außenminister John Kerry und EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton beraten in Genf, bevor das Treffen zur Ukraine-Krise startet.

Foto: REUTERS/Jim Bourg

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Das Treffen der Außenminister der USA, Russlands und der Ukraine sowie der EU-Außenbeauftragten hat begonnen.

Foto: REUTERS/Jim Bourg

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Ukrainische Soldaten warten in Kramatorsk auf Befehle. Die Zivilbevölkerung wartet mit.

Foto: REUTERS/Maks Levin

Genf/Kiew - Der Genfer Krisengipfel zur Ukraine hat am Donnerstag überraschend einen Friedensfahrplan beschlossen, der die Entwaffnung aller illegalen Kräfte vorsieht. Demnach müssen die prorussischen Separatisten im Osten der Ukraine ihre Waffen abgeben und besetzte Gebäude verlassen. Dies teilten US-Außenminister John Kerry, sein russischer Kollege Sergej Lawrow und EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton mit.

Die Erklärung wurde im Anschluss an das Treffen bekannt gegeben, an dem auch der ukrainische Außenminister teilnahm. Der Ukraine eröffne sich nun ein Weg für die Lösung der bestehenden Probleme mit ausschließlich friedlichen Mitteln, betonten Kerry und Ashton. Die in mehr als siebenstündigen Verhandlungen erreichte Grundsatzerklärung fordert alle Seiten zum Verzicht auf Gewalt und jegliche Provokationen auf. Die Teilnehmer verurteilen darin alle Formen von Extremismus, Rassismus und religiöser Intoleranz, darunter auch Antisemitismus in der Ukraine.

Den Beteiligten an bewaffneten Aktionen und Besetzer staatlicher Gebäude in der Ostukraine soll eine Amnestie gewährt werden, außer in Fällen von Kapitalverbrechen. Eine Beobachtermission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) soll die Umsetzung der Vereinbarung begleiten und überprüfen.

Besetzer wollen Gebäude nicht räumen

Im Osten der Ukraine haben sich pro-russische Separatisten geweigert, ein besetztes Regierungsgebäude in Donezk zu räumen. Sie zögen erst ab, wenn die Unterstützer der neuen Regierung ihr Lager auf dem Maidan in Kiew aufgegeben hätten, erklärte einer der Anführer am Donnerstag. "Wir warten ab, was sie tun, bevor wir hier Entscheidungen fällen", sagte Alexander Sachartschenko der Agentur Reuters.

Sachartschenko hielt sich in dem besetzten Gebäude auf und antwortete am Telefon auf die Frage, wie seine Gruppe auf die Forderung der internationalen Ukraine-Konferenz nach einer Räumung der besetzten Gebäude reagieren werde.

Auf dem Maidan, dem Unabhängigkeitsplatz in der Hauptstadt Kiew, haben Nationalisten und andere Gruppen, die am Sturz der pro-russischen Regierung von Ex-Präsident Viktor Janukowitsch vor zwei Monaten beteiligt waren, Barrikaden errichtet. Viele der Demonstranten haben erklärt, sie wollten dort ausharren, bis sie ihre Forderungen nach der Präsidentenwahl am 25. Mai erfüllt sähen.

Putin im TV

In einem TV-Auftritt hat der russische Präsident Wladimir Putin erstmals zugegeben, dass während des Krim-Referendums schon russische Truppen auf der Halbinsel präsent waren. Er verteidigte das Vorgehen am Donnerstag damit, dass man habe verhindern wollen, was derzeit in der Ostukraine passiere: "Hinter den Selbstverteidigungskräften auf der Krim standen natürlich unsere Soldaten", sagte Putin. Ziel sei es gewesen, die Bedingungen für eine "freie Wahl" zu schaffen. Die Soldaten hätten sich "korrekt, entschieden und professionell" verhalten.

Anschuldigungen, dass russische Truppen im Osten der Ukraine im Einsatz seien, bezeichnete der russische Staatschef als "Blödsinn". Die Demonstranten, die dort protestierten, seien alle "örtliche Bürger".

Putin bezeichnete es als "weiteres schweres Verbrechen" der ukrainischen Führung, dass sie bewaffnete Einheiten in den Osten des Landes entsandt habe. Zugleich sprach er sich für Verhandlungen zur Lösung des Konflikts aus. Weder Flugzeuge noch Panzer könnten die Krise lösen, so Putin. Er hoffe, dass die Ukraine-Krise mit politischen und diplomatischen Mitteln gelöst werde.

Putin fordert "echten Dialog"

In der landesweit ausgestrahlten Fernsehsendung "Direkter Draht", in der Bürger Fragen stellen können, forderte er die ukrainische Führung zum "echten Dialog" mit der russischsprachigen Bevölkerung auf. Zugleich wies Putin erneut Vorwürfe zurück, russisches Militär oder Agenten würden die Ereignisse in der Ostukraine steuern. "Es sind die Menschen dieser Region", sagte Putin, mit ihnen müsse geredet werden.

"Recht auf Militäreinsatz in Ostukraine"

Russland habe ein Recht darauf, Militär in der Ostukraine einzusetzen, erklärte Putin. Er hoffe, von diesem Recht nicht Gebrauch machen zu müssen und dass die Krise mit politischen und diplomatischen Mitteln beigelegt werde. Per Telefon, Internet und SMS hatten Zuschauer und Zuhörer rund 2,5 Millionen Fragen an Putin eingereicht.

Ukraine soll Gasschulden zahlen

Außerdem forderte Putin die Ukraine ultimativ zur Begleichung ihrer Gasschulden in Milliardenhöhe auf. Das Land habe noch einen Monat Zeit, danach verlange Russland Vorkasse, sagte Putin. Zugleich warnte er, das könne die Gaslieferungen nach Europa beeinträchtigen.

"Wir sind bereit, einen Monat zu warten. Wenn wir nicht nach einem Monat die Zahlungen erhalten, werden wir gemäß dem Vertrag zu der sogenannten Vorauszahlung wechseln", sagte Putin. Russland wirft der Ukraine vor, Gas aus Transitleitungen abzuzapfen. Kiew weist das zurück. Putin rief die "westlichen Partner" zur Hilfe bei der Rettung der ukrainischen Wirtschaft auf. Bankgarantien allein seien keine Unterstützung.

Tote in Mariupol

In der Großstadt Mariupol nahe der russischen Grenze wurden bei Auseinandersetzungen um einen Militärstützpunkt drei prorussische Aktivisten getötet, wie der ukrainische Innenminister Arsen Awakow Donnerstagfrüh auf Facebook bekanntgab. 13 Angreifer seien verwundet worden, 63 konnten laut Awakow festgenommen werden. Etwa 300 Vermummte hätten Brandsätze geworfen und mit scharfer Munition geschossen.

In Medienberichten war ursprünglich von 500 Angreifern die Rede gewesen, die die Kaserne umstellt und die Soldaten aufgefordert hätten, alle Waffen auszuhändigen. Die Nationalgarde habe gemeinsam mit Spezialeinheiten und unter dem Einsatz von Hubschraubern den Angriff abgewehrt, so Awakow.

In Mariupol kam es zu Gefechten:


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Die Hafenstadt Mariupol mit mehr als 450.000 Einwohnern liegt nahe der russischen Grenze. Bereits am Wochenende hatten Separatisten das Rathaus von Mariupol besetzt. Ob es auch am Donnerstag noch unter Kontrolle von prorussischen Aktivisten war, war vorerst unklar.

Gefechte offenbar auch in anderen Städten

Schusswechsel wurden auch aus Slawjansk und Kramatorsk rund 80 Kilometer nördlich der Gebietshauptstadt Donezk gemeldet. Prorussische Kräfte gaben an, sie hätten in Slawjansk 17 Mitglieder der Regierungstruppen nach Schüssen auf friedliche Bürger festgenommen. In Kramatorsk seien mehrere Menschen verletzt worden, als die Nationalgarde auf Demonstranten geschossen habe, sagte ein Sprecher der prorussischen "Selbstverteidiger" der Agentur Interfax. Eine offizielle Bestätigung gab es zunächst nicht.

In mehreren Orten der Ostukraine halten Separatisten seit Tagen Verwaltungsgebäude besetzt. Sie fordern einen föderalen Staat mit weitgehenden Autonomierechten für das russisch geprägte Gebiet. Der ukrainischen Regierung droht die Lage zu entgleiten.

Russland kritisiert die USA

Kurz vor dem Genfer Krisentreffen kritisierte Russland die USA. Indem die USA den Militäreinsatz gegen prorussische Separatisten in der Region rechtfertigten, unterstützten sie einen "Krieg gegen das Volk", erklärte das russische Außenministerium. Zugleich warf Russland den USA ein Messen mit zweierlei Maß vor. So verteidige die US-Regierung den Sturz der rechtmäßigen ukrainischen Regierung als Volksaufstand, kritisiere aber die Proteste im Osten als Terrorismus.

Neue Sanktionen

US-Regierungssprecher Jay Carney sagte an Bord des Präsidentenflugzeugs "Air Force One", die USA würden neue Sanktionen gegen Russland vorbereiten. Diese könnten bereits am Donnerstag verkündet werden, wenn das Treffen in Genf nicht den gewünschten Fortschritt bringt.

Ukrainische Truppen ziehen sich zurück

Nach einer Blockade durch prorussische Bewaffnete und Anrainer haben sich ukrainische Regierungstruppen mit 15 gepanzerten Fahrzeugen aus dem Gebiet Donezk zurückgezogen. Die Einheit werde in voller Stärke zurück nach Dnjepropetrowsk verlegt, teilte am Donnerstag das Verteidigungsministerium in Kiew mit.

Das ukrainische Verteidigungsministerium räumte zuvor ein, dass sechs gepanzerte Fahrzeuge an prorussische Separatisten verlorengegangen seien. Die Fahrzeuge seien in Kramatorsk von Bürgern unter Anleitung von bewaffneten Aktivisten blockiert und dann übernommen wurden. Wo sich die Besatzungen aufhielten, werde noch geprüft. Nach Aussage der Separatisten liefen Soldaten über, die den Aufstand mit einem "Anti-Terror-Einsatz" niederschlagen sollten. Zuvor hatte Kiew den Verlust der Fahrzeuge dementiert.

Überlaufen

Auch in Slawjansk liefen Regierungseinheiten mit gepanzerten Fahrzeugen zu prorussischen Aktivisten über. Bewohner berichteten der Nachrichtenagentur dpa, dass sich aus Angst kaum noch jemand auf die Straße traue. Ebenso sind Journalisten in den Konfliktgebieten in der Ukraine mit Gewalt, Einschüchterung und psychologischer Kriegsführung konfrontiert, wie die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) mitteilte.

Streit um UNO-Bericht

Für Streit sorgte unterdessen ein UNO-Bericht zur Lage der Menschenrechte in der Ukraine. Der russische UNO-Botschafter Witali Tschurkin kritisierte den Bericht, wonach die russischsprachige Bevölkerung in der Ostukraine nicht Opfer von Menschenrechtsverletzungen ist, am Mittwochabend als "einseitig". Die Studie spiegle die Lage der russischsprachigen Bevölkerung des Landes nicht fair wider, sagte Tschurkin. Der britische UNO-Botschaft Mark Lyall Grant betonte dagegen, nach den Erkenntnissen des UNO-Menschenrechtskommissariat gebe es "weder weitverbreitete noch systematische" Angriffe auf ethnische Russen in der Ukraine. (Reuters/APA, 17.4.2014)