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Den Mitgliedern des "Collectors Club" versprach Karlheinz Essl "nachhaltige Wertsteigerung" und den Rückkauf sogenannter "Ensembles zeitgenössischer Kunst". Diese Garantie könnte den 75-Jährigen zumindest neun Millionen Euro kosten.

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Die Sammlung Essl in Klosterneuburg.

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Wien - So redselig Karlheinz Essl war, als es um den Ankauf seiner Sammlung durch die Republik ging, so zugeknöpft ist er zum Thema "Collectors Club". Unter diesem Titel verkaufte er seit 2005 "Ensembles zeitgenössischer Kunst" an Investoren und garantierte einen Rückkauf "zu 150 Prozent des ursprünglich eingesetzten Betrages" (DER STANDARD berichtete). Dieses Finanzierungsmodell verschaffte Essl Kredite: mit einer Laufzeit von zehn Jahren, einer jährlichen Verzinsung von rund vier Prozent und den Kunstwerken als Sicherstellung.

Mal ging es um 200.000 Euro, mal um mehrere Millionen. Wie viele solcher Deals anfielen, lässt sich nicht eruieren. Involvierte halten sich offiziell an die Verschwiegenheitsklausel, Essl inklusive. Vom STANDARD übermittelte Fragenkataloge blieben unbeantwortet. Der Professor sei nicht erreichbar, heißt es.

Vermutlich hat er andere Sorgen, denn hinter den Kulissen wird um den für Gläubiger letzten Vermögenswert gerungen. Inzwischen soll es einen Interessenten geben, und Plan B nimmt Gestalt an: Erwerb durch einen Privatinvestor plus gesicherter Museumsbetrieb für 15 oder 20 Jahre. Kostenpunkt: dem Vernehmen nach zumindest 100, vielleicht 130 Millionen Euro. Denn der Buchwert von 86 Millionen Euro, behaupten Essl und sein Gutachter, läge unter dem Verkehrs- bzw. Marktwert der Sammlung.

Die Gläubiger beauftragen nun ihrerseits ein internationales Auktionshaus mit der Begutachtung, das punkto Werte wohl einiges relativieren dürfte. Denn im Ausland hatte Essl Spendierhosen an und kaufte oft zu Preisen, die nun über aktuellen Marktwerten liegen. Zum Ausgleich waren die Konditionen hierzulande besser, Galerien gewährten Rabatte bis zu 40 Prozent, und so pflog Essl Shoppingvergnügen unter dem Verkehrswert. Bei Konvoluten rutschten die redensartlichen Hosen der Verkäufer auf Knöchelhöhe. Zumal in der Annahme, die Kunstwerke würden im Museumsbestand landen.

Manches verkaufte Essl gleich weiter, von 2005 bis 2012 im Wertumfang von zumindest sechs Millionen Euro. Würden nun alle Collectors-Club-"Freunde" auf dem Rückkauf (zuzüglich Rendite) bestehen, müsste Essl dafür neun Millionen Euro aufbringen. Ob er diese Forderungen bedienen kann? Die Sammlung-Essl Kunst Verwaltungs GmbH oder deren Rechtsnachfolger haften sowieso.

Die 2005 abgeschlossenen Verträge werden kommendes Jahr fällig. Seitens der Investoren müsste in den nächsten Wochen eine "Anbotslegung auf Verkauf" erfolgen. Diese Option ist einmalig und gilt nur für das komplette Ensemble - Rosinen herauspicken ist nicht möglich. Das Interesse dürfte somit gering bleiben. Nur wenige dekorierten damit ihre Büros oder Villen. Viele - etwa Immobilienmagnaten oder Baumax-Lieferanten - verwahren die Veranlagung seit dem Ankauf in einem Lager.

Als rechtmäßige Eigentümer können sie die Essl-Kollektionen auch selbst veräußern. Das Problem: Die Ankaufswerte waren teils überhöht. Jene, die die Werthaltigkeit ihrer Ensembles von unabhängigen Experten bestätigt haben wollten, wurden enttäuscht: Mal wurde der Wert auf die Hälfte reduziert, mal konnte aufgrund der "sehr österreichischen" Melange kein international realisierbarer benannt werden.

Nitsch-Pyramide

Nur bei wenigen Essl-Künstlern stieg der Marktwert. Bei den meisten ist er - nobel formuliert - rückläufig. Etwa im Falle von Hermann Nitsch. Ob und wie viele Kunstwerke dieser über die Jahre direkt an Essl verkaufte, war nicht in Erfahrung zu bringen. Verständlich, kämpft der Meister doch gegen den Verdacht der Steuerhinterziehung. Jedenfalls sind seine Arbeiten in nahezu allen Ensembles (teils mehrfach) vertreten.

Das Besondere ist ihr untypisches Format: 160 x 100 cm. Vom STANDARD befragte Experten bezeichnen es als "weder Fisch noch Fleisch", im Gegensatz zu den gefragten kleineren (100 x 80 cm) Hoch- oder imposanten Querformaten (200 x 300 cm).

Welchen Preis ein solches Collectors-Club-Format aktuell erzielen könnte? Ein Experte, der anonym bleiben will, empfiehlt Verkäufern ein realistisches Limit von 12.000 Euro. Den Investoren hatte Essl je 24.000 abgenommen und einen Rückkauf zum Wert von 36.000 Euro vertraglich garantiert. Welche Entscheidung klassische Anleger treffen würden, ist nicht schwer zu erraten. (Olga Kronsteiner, DER STANDARD, 18.4.2014)