Bild nicht mehr verfügbar.

Die Religiosität ist nicht nur in Kiew (Bild), sondern auch in der Ostukraine nach 1989 gestiegen. Wegen der Unruhen müssen heuer aber viele auf den Kirchenbesuch verzichten.

Foto: APA/EPA/Sergey Dolzhenko

Viele Menschen in der ostukrainischen Region Donezk blicken den kommenden Osterfeiertagen mit gemischten Gefühlen entgegen. Bis kurz vor dem Wochenende war nicht sicher, ob es in den Städten Slowjansk und Kramatorsk überhaupt Ostermessen geben würde.

Nach wie vor sind dort öffentliche Gebäude besetzt. Traditionell feiern die Gläubigen der orthodoxen Kirche - ähnlich wie es auch in Österreich üblich ist - in der Nacht von Karsamstag zum Ostersonntag die Ostermesse. Diese Veranstaltungen ziehen sich über viele Stunden hin: Beginnend am Samstag gegen 21.00 Uhr, enden die Feierlichkeiten erst um 3.00 oder 4.00 Uhr in der Früh.

Die Behörden in Donezk haben die Bewohner in den vergangenen Tagen daher zur Vorsicht aufgerufen. Man könne die Messe in diesem Jahr ausnahmsweise auch im Fernsehen verfolgen, sagten auch Kirchenvertreter. Vor allem Eltern mit Kindern und alte Leute sollten aufgrund der aktuellen Lage lieber zu Hause bleiben. Für die Menschen in der Ostukraine sind das keine guten Nachrichten. Seit dem Zusammenbruch der UdSSR ist es bei der überwiegenden Mehrzahl der Familien ein fixer Brauch, in der Osternacht die Messe zu besuchen.

Auch die Sankt-Georgs-Kathedrale in der Bergarbeiterstadt Makeewka, nur wenige Kilometer von der Regionalhauptstadt Donezk entfernt, hat in den vergangenen Jahren immer tausende Gläubige angelockt. Das im byzantinisch-russischen Stil erbaute Gotteshaus ist erst 2007 eingeweiht worden.

Den Bau hatte der damalige Bürgermeister Makeeskas Wasili Dscharta veranlasst. Der Familie des 2011 unter ungeklärten Umständen verstorbenen Politikers werden enge Verbindungen zum Clan des Ex-Präsidenten Wiktor Janukowitsch nachgesagt. In den letzten Jahren wurde der aufwändige Bau von russischen Freskenmalern verziert. An Wänden und Säulen sind Szenen aus dem Leben des Heiligen Georg zu sehen.

Schweigen zu Geldern

Wer das alles bezahlt hat, darüber schweigt die ukrainisch-orthodoxe Kirche des Moskauer Patriarchats, zu der die Sankt-Georgs-Kirche gehört. Doch die Verbindungen zur Politik sind eng, vor allem in der Regierungszeit Wiktor Janukowitschs entstanden in Donezk immer neue Kirchen. Der nach Russland geflüchtete Ex-Präsident gilt als Anhänger der orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats.

Russische Medien berichteten vor ein paar Tagen, Janukowitsch werde am Ostersonntag womöglich aus Rostow-am-Don nach Donezk zurückkehren. Die ukrainischen Sicherheitskräfte sind daher beunruhigt. Würde Janukowitsch tatsächlich in die Unruheregion kommen, womöglich noch zu einem Gottesdienst, hätten Polizei und Armee faktisch keine Handhabe, ihn festzunehmen.

Außerdem kann keiner abschätzen, wie die Menschen auf eine Rückkehr Janukowitschs reagieren würden. Käme es zu Übergriffen, würde Russland nach Meinung des ukrainischen Abwehrdienstes Najda "keine Sekunde zögern. Im Handumdrehen stünden die russischen Panzer auf dem Gebiet in der Ostukraine", zitiert die Internetzeitung Ukrainiska Prawda die Organisation.

Bürgerrechtsgruppen und Studenten haben für die kommenden Tage in verschiedenen Städten der Ostukraine zu Protestmärschen aufgerufen. In Lugansk und Charkiw soll "gegen Krieg und Waffen" demonstriert werden. Auch hier schauen die Behörden mit Unbehagen zu.

In lokalen Internetportalen werden die Menschen dazu aufgerufen, bei den Kundgebungen "größte Zurückhaltung zu üben"; Provokationen sollten unterbleiben. Bei dem geringsten Verdacht, dass die Demonstration gestört wird, sollten die Teilnehmer "in alle Himmelsrichtungen auseinandergehen und den Marsch friedlich beenden", heißt es im Internet-Radiosender Gromadske Donezk. Szenen wie am vergangenen Wochenende, als in Charkiw eine proukrainische Demonstration von prorussischen Provokateuren systematisch gestört wurde und mehr als 50 Menschen teilweise schwer verletzt worden sein sollen, sollen sich am Wochenende möglichst nicht wiederholen. (Nina Jeglinski aus Donezk, DER STANDARD, 18.4.2014)