So sieht die Gliederung der einzelnen Kategorien von Spielern im Rahmen der Punkteregel für die kommende Saison 2014/15 aus.

Die bisher unter Verschluss gehaltene Formel des "objektiven Punktesystems".

Seit 2007 wird die Personalpolitik der EBEL-Klubs durch ein der Liga eigenes und im internationalen Vergleich einzigartiges Steuerungsinstrument bestimmt, die Punkte- und Kaderregel. Deren Ausgestaltung und Funktionsweise wurde im "Crunch Time"-Blog bereits mehrfach thematisiert, recht ausführlich zum Beispiel im November 2011. An den Grundzügen des Regulativs hat sich seither wenig geändert.

Null bis vier

Weiterhin wird jedem Spieler in der Liga ein Punktewert zwischen null und vier (mit Abstufungen im Halbpunkteabstand) zugewiesen, der – vereinfacht gesprochen – von seinem Alter, seiner Staatsbürgerschaft und seinem Leistungsvermögen abhängt. Die Summe der Punktewerte aller Spieler eines Teams darf zu keinem Zeitpunkt im Saisonverlauf die Grenze von 60,0 Zählern überschreiten.

In der Mehrzahl der Fälle bestimmen die Durchführungsbestimmungen der Erste Bank Eishockey Liga den Punktewert eines Spielers: Nationale Spieler der Altersklasse U24 belasten das Kontingent eines Klubs nicht, Legionäre, sogenannte Transferkartenspieler, zählen stets vier Punkte. Einheimische Torhüter werden abhängig von ihrem Alter mit maximal zwei Punkten bewertet.

Ein Blick auf die Kaderlisten der zwölf Vereine aus der abgelaufenen Saison zeigt, dass 278 der 376 eingesetzten Spieler, also knapp drei Viertel aller Cracks, in eine der genannten Kategorien fallen, ihr Punktewert damit also aufgrund ihres Alters, ihrer Nationalität oder ihrer Position festgeschrieben ist. Einen von Spieljahr zu Spieljahr variierenden Wert weisen ausschließlich nationale Spieler auf, die älter als 24 Jahre sind. Wie folgende Grafik zur Kaderstruktur der Klubs in der vergangenen Saison zeigt, traf dies 2013/14 auf insgesamt nur 98 Akteure (oder 26,1 Prozent aller eingesetzten Spieler) zu.

Das "objektive Punktesystem"

Dieser Kategorie zugehörige Aktive werden durch das sogenannte "objektive Punktesystem" bewertet. Die häufige, teils massive Kritik an "der Punkteregel" in ihrer Gesamtheit bezieht sich in den meisten Fällen auf genau diesen Teilaspekt. Denn dem "objektiven Punktesystem" liegt eine von der Ligaverwaltung entwickelte und geheim gehaltene Formel zu Grunde. Meist erfragen betreffende Spieler ihre tatsächlichen Punktewerte über ihre Klubs oder Agenten, wie ihr individueller Koeffizient, an dem sich letztlich indirekt auch ihr Marktwert orientiert, zustande kommt oder aus welchen Komponenten er sich zusammensetzt, bleibt jedoch im Verborgenen. Gleiches gilt für die eishockeyinteressierte Öffentlichkeit, in der ob der fehlenden Transparenz und Nachvollziehbarkeit des "objektiven Punktesystems" teils wilde Spekulationen und Gerüchte über die Punktewerte einzelner Akteure die Runde machen.

Addition von sechs Summanden

Wie die Grafik links zeigt, entspricht die geheime Formel zur Berechnung der individuellen Punktewerte von nationalen Spielern über 24 Jahren (in der Saison 2014/15: geboren vor dem 1.1.1991) an sich einer recht simplen Addition von sechs Einzelwerten. Die Crux liegt in der Ausgestaltung dieser Komponenten: Jeder Summand wird aus einer eigenen Referenztabelle abgeleitet, neben dem Alter sind speziell die individuellen Statistiken eines Spielers im abgelaufenen Spieljahr entscheidend. Hierbei werden für einen im Ausland engagierten Akteur die Werte aus dem Grunddurchgang der jeweiligen Liga herangezogen, bei in der EBEL aktiven Spielern jene nach der ersten Phase der Regular Season, also 44 absolvierten Partien.

Die Referenzwerte im Detail

Im Folgenden sollen die sechs Teilkomponenten, aus denen sich der Punktewert eines (nationalen Ü24-) Spielers zusammensetzt, dargestellt und genauer definiert werden, um das Regelwerk an dieser Stelle transparenter und nachvollziehbarer zu machen. Sämtliche Angaben beziehen sich auf die Gegenwart, also die Berechnung der Werte für die kommende Saison 2014/15.

(a) Referenzwert "Liga 2013/14": Jeder Liga weltweit ist ein Koeffizient zugewiesen, der die Spielstärke des jeweiligen Bewerbs widerspiegeln soll. Je besser die Liga, desto höher der Koeffizient; herangezogen wird der Wert jener Liga, in der der Spieler in der letzten Saison mehrheitlich eingesetzt wurde.

(b) Referenzwert "Erfahrung/Alter": Jedem Geburtsjahrgang vor 1991 ist ein Referenzwert zugewiesen. Dieser Wert ist in der Gruppe der 28- bis 31jährigen am höchsten, da angenommen wird, dass Spieler in diesem Zeitraum am Zenit ihrer Leistungsfähigkeit stehen. Ebenso hoch bewertet sind aufgrund ihrer Erfahrung Spieler ab 35 Jahren.

(c) Referenzwert "Punktewert 2013/14": Um auch die längerfristige Leistungsentwicklung eines Akteurs zu berücksichtigen, wird jedem individuellen Punktewert eines Spielers aus der abgelaufenen Saison 2013/14 (der im Wesentlichen die Leistungen in der vorangegangenen Spielzeit 2012/13 abbildet) ein Referenzwert zugewiesen.

(d) Referenzwert "Einsätze 2013/14": In dieser zweidimensionalen Komponente wird berücksichtigt, wie viel Prozent der Spiele seines jeweiligen Teams ein einzelner Crack absolviert hat. Zudem erfolgt eine Staffelung nach der Dauer des Grunddurchgangs (=Anzahl der Spiele) in den unterschiedlichen Ligen.

(e) Referenzwert "Leistungen 2013/14": Die Leistungen in der abgelaufenen Saison werden durch die individuellen Statistiken eines Spielers abgebildet, denen Referenzwerte zugeordnet sind. Hier wird zwischen Stürmern (Punkteschnitt pro Spiel) und Verteidigern (Punkteschnitt pro Spiel und Einbeziehung der Plus/Minus-Werte) unterschieden.

(f) Referenzwert "Letzter WM-Einsatz": Als sechster (und kleinster) Faktor fließt die Zugehörigkeit zum WM-Kader des jeweiligen Nationalteams in die Punktebewertung ein. Auch hier kommt eine Referenztabelle zur Anwendung, grundsätzlich gilt: Je stärker das Nationalteam (Weltrangliste) und je weniger weit zurückliegend die letzte WM-Teilnahme eines Spielers, desto höher der Wert.

Zuspitzung am Spielermarkt

Die Summe dieser sechs, teilweise sehr komplex erhobenen Referenzwerte bildet – dann gerundet auf halbe Zähler – den Punktewert eines nationalen Spielers der Altersklasse Ü24. Die Formel an sich wirft in Teilbereichen Fragen bezüglich der Gewichtung der einzelnen Komponenten auf, grundsätzlich ist sie jedoch so umfassend und wohl durchdacht, dass ihr in nahezu jedem Fall zugestanden werden muss, das tatsächliche Leistungspotenzial eines Spielers korrekt abzubilden. Ein Urteil über das "objektive Punktesystem" fällt ähnlich aus wie jenes über die Punkte- und Kaderregel in ihrer Gesamtheit: Keine Optimallösung, aber der beste, weil ausgewogenste aller vorhandenen (und mit rechtlichen Rahmenbedingungen kompatiblen) Ansätze. Die für die Entwicklung des nationalen Eishockeys zentrale Schwäche des Regulativs, die mit 24 Jahren extrem hohe Altersgrenze für "Nullpunkte-Spieler", haben die Gestalter der Durchführungsbestimmungen, also letztlich die Klubs selbst, zu verantworten, nicht die Administratoren der Punkte- und Kaderregel oder Entwickler des "objektiven Punktesystems".

Gegenwärtig, im Vorfeld der Saison 2014/15, ist am Markt für einheimische Aktive in der EBEL jedoch eine bedrohliche Zuspitzung zu beobachten. Ligaweit wurden im Vorjahr 20 nationale Spieler des Jahrgangs 1990 eingesetzt, die im kommenden Spieljahr erstmals das Punktekontingent ihrer jeweiligen Vereine belasten würden. Bei 48 Cracks aus der Gruppe der nationalen Spieler, die älter als 24 Jahre sind, hat sich der individuelle Punktewert im Vergleich zum Vorjahr verändert, in gleich 37 Fällen davon hat er sich erhöht. Der Spielraum der einzelnen Klubs in ihrer Personalplanung wurde dadurch deutlich eingeschränkt, es ist demnach davon auszugehen, dass einige einheimische Spieler in der Liga zu Beginn der Saison 2014/15 ohne EBEL-Vertrag dastehen werden. (Hannes Biedermann; derStandard.at; 18.4.2014)