Der Ablauf ist an den meisten von uns zu beobachten: Zuviel energie- und fettreiche Ernährung führt auf Dauer zu mehr Gewicht. So trivialen der Vorgang scheinen mag, tatsächlich versteckt sich dahinter ein äußerst komplex regulierter Fettstoffwechsel. Nun haben deutsche Wissenschafter zusammen mit Kollegen aus Japan entdeckt, dass das Gen Sirt7 eine zentrale Funktion bei der Energieaufnahme spielt. Genetisch veränderte Mäuse, denen das Gen fehlt, halten trotz fettreicher Ernährung ihr Normalgewicht.

Nicht immer stand Nahrung in einem solchen Übermaß zur Verfügung, wie es heute in den westlichen Gesellschaften der Fall ist. Im Gegenteil, der Stoffwechsel wurde evolutionär auf optimale Energieausbeute getrimmt, weil der Mensch über Jahrtausende mit seinen Kalorien haushalten musste. So ist der Auf- und Abbau von Fettdepots als Energiespeicher komplex reguliert. Eine ganze Reihe von Regulatoren ist am Fettstoffwechsel in der Leber beteiligt mit dem Ziel, überschüssige Energie zu speichern und bei Bedarf wieder zur Verfügung zu stellen.

Wissenschafter vom Max-Planck-Institut für Herz- und Lungenforschung in Bad Nauheim haben nun zusammen mit Kollegen von den Universitäten Sendai und Kumamoto in Japan ein Protein aus der Gruppe der Sirtuine identifiziert, das maßgeblich an der Energieverwertung im Rahmen einer fettreichen Diät beteiligt und für den Aufbau von Fettdepots verantwortlich ist. Sirtuine sind bekannt als Gruppe von Proteinen mit vielfältigen biologischen Funktionen.

Ihre Untersuchungen, die sie im Fachjournal "Cell Metabolism" beschreiben, führten die Forscher an Mäusen durch, denen das Gen für ein als SIRT7 bezeichnetes Sirtuin fehlte. Diese Sirt7-knockout Mäuse sowie genetisch nicht veränderte Tiere wurden über mehrere Monate hinweg mit besonders fettreichen Pellets gefüttert. "Wir stellten fest, dass Sirt7-knockout Mäuse deutlich weniger an Gewicht zunahmen als die Kontrollgruppe. Im Gegenteil, sie hielten ihr Normalgewicht", sagte Eva Bober, Wissenschafterin am MPI. Zudem zeigten diese Tiere niedrigere Triglyzerid- und Cholesterinspiegel in der Leber und im Vergleich zu den genetisch unveränderten Tieren normale Insulinspiegel. "Alles deutete darauf hin, dass die Tiere, denen SIRT7 fehlt, das Überangebot an Energie im Futter besser verarbeitet und keine krankhaft Fettdepots aufgebaut haben", meint Bober.

Weniger Fettdepots

Um den molekularen Prozessen dieser Beobachtung auf die Spur zu kommen, untersuchten die Wissenschafter die Genaktivitäten der Leberzellen. Dabei stellte sich heraus, dass SIRT7 die Expression eine Vielzahl von Genen für den Fettstoffwechsel aktiviert. In den Leberzellen aus Mäusen ohne SIRT7 bleibt die Aktivierung dieser Gene weitestgehend aus. Das führt dann dazu, dass weniger Fettdepots angelegt werden.

"Wir haben aber noch einen zweiten Mechanismus entdeckt", so Bober. "SIRT7 hemmt auch den Abbau bestimmter Proteine. Dadurch, dass diese dann länger aktiv sind, leisten diese Eiweiße auch einen größeren Beitrag zur Energiespeicherung als eigentlich vorgesehen ist." Fehlt SIRT7, werden diese Proteine hingegen abgebaut und so die Anlage von Fettdepots vermindert.

Die Forscher hoffen, dass ihre Studie die Grundlage für neue therapeutische Ansätze legt. "Als nächstes möchten wir Substanzen untersuchen, mit denen sich die Funktion von SIRT7 gezielt hemmen lässt. Wir wollen untersuchen, ob sich damit dieselben Effekte einstellen wie bei den Mäusen, denen das Sirt7-Gen fehlt", so Bober. Fernziel ist die Entwicklung eines Medikaments, das die Effizienz des Fettstoffwechsels verringert. Dadurch könnte sich dann Übergewicht vermeiden lassen. (red, derStandard.at, 03.05.2014)