"Heute ist Russland ein Garant dafür, dass die völlig wahnsinnigen USA die Welt nicht in den nächsten Weltkrieg stürzen", "Es gibt ja ein Selbstbestimmungsrecht, und dieses üben eben die Bewohner der Krim nun aus": Diese und ähnliche Reaktionen aus eingegangenen Briefen veröffentlichte die russische Botschaft in Wien auf ihrer Website

In eine ähnliche Kerbe schlug Botschaftsrat Wladimir Kruschkow bei einem Medientermin unter dem Titel "Russland, ein neues Feindbild?". Er kritisierte die einseitige Haltung westlicher Medien gegenüber Russland, die nicht erst seit der Ukraine-Krise spürbar sei. "Die Gorbomanie und Jelzomanie hat sich in eine Putinphobie umgewandelt", so Kruschkow.

Extremistische Übergriffe von Medien vertuscht

Österreichs Medien würden sich großteils darauf beschränken, Maidan-freundlich zu berichten, den gestürzten Präsidenten Janukowitsch zu dämonisieren und andere Parteien im Konflikt nicht zu Wort kommen lassen. Sie hätten sich damit zu Unterstützern eines "gewaltigen Staatsstreiches" gemacht. "Mainstream-Medien" würden die tatsächliche Situaton auf der Krim oder in der Ostukraine vertuschen, indem Videobelege von Vorfällen mit Ultranationalisten verschwiegen würden.

Anhand einiger Zeitungsbeispiele wollte Kruschkow diese Einseitigkeit demonstrieren und löste damit eine hitzige Diskussion aus. Er kritisierte zunächst einen Text des Historikers Timothy Snyder und die zugehörige Bebilderung in der "Wiener Zeitung". Neben einem Bericht über Putins ehemalige Ehefrau beklagte Kruschkow auch die Illustration einer Kommentarseite im STANDARD, auf der eine fotografierte Demonstrantin, die ein Bild von Putin mit Hitlerbart hält, zu sehen war.

Die Zurückweisung des Propagandavorwurfs und der Hinweis der Journalisten, dass dies nur ein winziger Ausschnitt der Berichterstattung sei, ließ der Botschaftsvertreter nicht gelten. Zwischenzeitig ergriff auch der bekannte Rechtsanwalt Georg Zanger für die russische Seite das Wort, überzeugt davon, dass russische Medien sich nie trauen würden, Angela Merkel mit Hitlerbart zu zeigen, obwohl diese von deutschem Boden aus drohe.

Kruschkow gab sich optimistisch, dass es über "alternative Medien wie Facebook" dennoch möglich sei, eine andere Meinung zu bekommen. Die Reaktionen dort und in Leserforen seien um vieles interessanter und informativer als die meisten Medienberichte und würden auch nicht zensuriert werden.

Gewählte Führung "nicht legitim"

Der Präzedenzfall für die derzeitigen Unruhen und Besetzungen in der Ukraine ist laut Kruschkow von den am Westen orientierten Maidan-Aktivisten geschaffen worden. "Der Unterschied besteht nur darin, dass das, was in Kiew passiert, 'legal' sein soll, wohingegen das, was im Osten passiert, immer nur 'illegal' ist." Falls sich in den nächsten Wochen kein Dialog zwischen den Konfliktparteien entwickle, komme es "sehr bald zu einer sehr gefährlichen Entwicklung".

Auf die Frage, ob die im Mai angesetzten Wahlen in der Ukraine ein Ausweg aus der Krise sein könnten, sagte Kruschkow, dass Russland die dann gewählte Regierung nicht als legitime Vertretung der Ukraine anerkennen werde, "wenn es wie bisher keine Meinungsfreiheit im Land gibt".

Den Vorwurf, dass Russland ebenso Propaganda betreibe, wie vielfach behauptet, wies Kruschkow zurück. Mit den Videos diverser Ausschreitungen, die von "einfachen Leuten" gefilmt würden, hätten russische Medien nichts zu tun. Die Berichterstattung von Russia Today (RT) lobte Kruschkow als "sehr, sehr objektiv". Nicht umsonst gebe es mittlerweile eine Petition in Europa, dass der TV-Kanal endlich auch auf Deutsch gesendet werden solle. (tee, derStandard.at, 22.4.2014)