Manuel Ressi schupfte über viele Jahre die Küche des Steirerecks - jetzt ist er Koch im Gasthaus Plamenig bei Hermagor.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Eine köstliche Rindsuppe samt dick-knusprigen Milzschnitten.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Viele junge Küchenarbeiter, die einst durch die Schule des neuntbesten Restaurants der Welt gingen, haben unter ihm begonnen und sind unter ihm zu Küchenchefs von Format gereift. Dennoch ist Manuel Ressi auch professionellen Gastro-Auskennern weithin unbekannt. Der Südkärntner war seit 2005 als Heinz Reitbauers Sous-Chef dafür verantwortlich, dass die Ideen und Konzepte des Chefs in den täglichen Betrieb des Steirerecks integriert und ebendieser auch bei Abwesenheit Reitbauers gewohnt geschmeidig und hochklassig ablief. Unter Köchen, die im Steirereck arbeiten durften, hat der Mann einen Ruf wie Donnerhall - "der beste Koch überhaupt" ist ein Prädikat, das in seinem Zusammenhang mehrfach fällt. Na bumsti.

Zweigeteilte Speisekarte

Seit ein paar Monaten ist Ressi in einem Nest mit kaum 30 Häusern am Südzipfel Kärntens zugange, einer Gegend, wo sich Fuchs und Bär durchaus schon "Buona Notte" sagen und in die man nach der Autobahn-Abfahrt Arnoldstein noch eine halbe Stunde unterwegs ist. Dort sind Ressi und seine Frau aufgewachsen, dort wollen sie auch ihre Kinder groß werden sehen. In Latschach, Gemeinde Egg bei Hermagor, ist der Gasthof von Alfred Plamenig, ein Wirtshaus mit stilecht zugequalmter Schankstube, ramponierten Resopaltischen und einem Gastzimmer, das irgendwann vor Jahrzehnten mit eher grellbunten Textilien herrenoviert wurde. So what: Der Garten mit Altbaumbestand und Ausblick auf die Gipfel der Umgebung könnte lauschiger nicht sein. Dieser unwahrscheinliche Ort ist der Platz, wo Ressi seiner Kunst nun Ausdruck verleiht.

Die Speisekarte ist zweigeteilt, einerseits "Tradition" etwa mit einer erschütternd köstlichen Rindsuppe samt dick-knusprigen Milzschnitten (siehe Bild), dem vielleicht besten Schweinswiener von überhaupt oder hyperflaumigem Kaiserschmarrn mit Rhabarberkompott, für den ein paar einsame Esser noch spätabends einfallen, um sich nach einem langen Tag zu trösten; und anderseits "Innovation", wo etwa eine souverän ausbalancierte Variation von der Beta-Sweet-Karotte mit Apfel, Basilikum und etwas Erdnussöl zu finden ist, oder eine fragile Rolle aus Frühkraut und Gurke mit Gartenkresse und Gailtaler Speck, die wie fast alles hier auf antik hässlichen Glastellern angerichtet wird. Die wurden allem Anschein nach noch tief in den 1970er-Jahren angeschafft und bislang für Teufelstoast und Berner Würstel hergenommen - wie es halt ist, wenn ein Dorfwirtshaus ganz unvermutet zum Hort der hohen Küche wird.

Gailtaler Lamm

Die Preise als Mezzie zu bezeichnen wäre billig: Das Dreigangmenü schlägt mit 18 Euro zu Buche, vier Gänge gehen um 23 Euro über die Rampe. Spätestens wenn Ressi Gailtaler Lamm mit Sellerie, Topinambur, Haselnüssen und Salzzitrone aufträgt, meint man aber endgültig zu träumen: Lamm von dieser Qualität, von solchem Biss und solch einer Finesse gab es bislang nur aus bester südwestfranzösischer oder bretonischer Herkunft. Ressi selbst meint, dass er kaum fassen könne, was sein Nachbarbauer da für Schätze heranzieht. So ist es nur würdig und recht, dass er einen an der Vielfalt der Konsistenzen und Texturen teilhaben lässt, neben dem zum Niederknien zarten Rücken auch die ausgelösten Ripperln und ein Stück vom Haxl mit auf den Teller tut - dass dieser darauf ganz ungourmetmäßig beladen daherkommt, macht die Freude an dieser Entdeckung hinter den Bergen nur noch größer. (Severin Corti, Rondo, DER STANDARD, 25.4.2014)