Michael Liendl ist bei Fortuna Düsseldorf inzwischen eine Stütze

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Düsseldorf/Wien - Gute Geschichten leben von schlechten Erfahrungen. Am Anfang stehen die Demütigungen, die Niederlagen, die Rückschläge, und dann folgt die Genugtuung. Ganz so schlimm war es bei Michael Liendl zwar nicht - er hat sich nicht wie Phönix aus der Asche erhoben -, aber schon ein bisserl.

Spät, aber doch hat Liendl den Sprung ins Ausland geschafft, mit 28 Jahren kickt er im Mittelfeld bei Fortuna Düsseldorf in der zweiten deutschen Bundesliga. Seit seinem Wechsel im Winter vom WAC stand er in allen zwölf Partien in der Startelf, traf zwei- und assistierte viermal. "Liendl lohnt sich" titelte das Kölner Boulevardblatt Express nach dessen Einstand und würdigte ihn vor wenigen Tagen nach einem Doppelpack gegen Sandhausen gar als "Alpen-Maradona".

Liendl fand sich zuletzt auch zweimal im Branchenblatt Kicker in der Elf des Tages wieder. "Düsseldorf hat mich am letzten Transfertag geholt, eine Woche später spielte ich 90 Minuten. Da habe ich gleich gesehen, dass der Verein etwas vorhat mit mir."

Eine steile Karriere sieht dennoch anders aus. Liendl, der in Vorarlberg groß wurde, kam mit 16 zum GAK, via Kapfenberg (sechs Jahre) und Wiener Austria landete er beim WAC. Frei interpretiert sah vor allem der letzte Wechsel von der violetten Europacupbühne runter ins beschauliche Lavanttal nach einem Rückschritt aus. Eine falsche Entscheidung im Nachhinein? "Viele Fehler habe ich rückblickend nicht gesehen. Es war ein Risiko, ein Schritt zurück muss nicht immer negativ sein. Das Ziel Ausland blieb im Hinterkopf."

Auf dem Radar

Beim WAC schien er immerhin auf dem Radar von Helmut Schulte auf, dem Ex-Sportdirektor von Rapid, der nun in Düsseldorf seines Amtes waltet. "Michael hat eine sehr nachhaltige Entwicklung gemacht. Zu seiner Zeit bei der Austria kann ich nichts sagen, aber ich erkenne nichts Negatives, warum er sich dort nicht durchgesetzt hat." In drei Jahren Violett war Liendl freilich einer unter vielen und nur selten Stammspieler. Beim WAC lief es rund, "weil ich die nötige Rückendeckung vom Trainerteam bekam." Bei der Austria "hattest du bei jedem Fehlpass Angst, dass du ausgewechselt wirst".

Es soll im Leben vorkommen, dass nicht immer die Besten, sondern die Lautesten entdeckt werden. Liendl war beim WAC einer der Auffälligsten - 22 Tore und 21 Assists in 63 Pflichtspielen. Er ist mit Erreichtem aber nicht hausieren gegangen, "weil das nicht meinem Naturell entspricht. Fakt ist aber, dass ich in Österreich nicht so eine Lobby habe wie andere." Für Kritiker war er zu langsam und zweikampfschwach. "Ich glaube, ich habe das Gegenteil bewiesen - obwohl ich genau weiß, was ich nicht kann."

Traum Bundesliga

Jetzt also Fortuna. Mit Jimmy Hoffer und Christian Gartner kicken zwei weitere Österreicher bei Düsseldorf, einem Verein mit Ambitionen, der regelmäßig 30.000 Zuschauer ins Stadion treibt. Der direkte Wiederaufstieg wurde um ein Jahr verschoben. Liendls Traum ist natürlich die Bundesliga, man will dem Erzrivalen Köln nacheifern. Der Unterschied zwischen Österreich und der zweiten deutschen Liga sei gar nicht so gewaltig, da wie dort gebe es gute und schlechte Partien. Grödig oder die Südstadt ist aber nicht Düsseldorf oder Kaiserslautern. Vom Ambiente her und so.

Was gewesen wäre, wenn Liendl seinerzeit als junger Hüpfer nach Probetrainings in Freiburg und Stuttgart auch da oder dort unterschrieben hätte, weiß er nicht. Liendl: "Ich bin keiner, der Gelegenheiten nachjammert. Es ist, wie es ist. Besser spät als nie." (Florian Vetter, DER STANDARD, 24.4.2014)