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Michael Phelps taucht wieder in sein Element ein. Das ist für den 28-jährigen Rekordolympiasieger aus Baltimore, Maryland, nun einmal der Schwimmsport.

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Michael Phelps hat sogar ein graues Haar.

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Mesa/Wien - "Er ist Michael Phelps. Er schuldet niemandem eine Erklärung." Ginge es nach Aaron Peirsol, dem bekannt humorlosen fünfmaligen Olympiasieger im Schwimmen, fiele die interessierte Öffentlichkeit um einen originellen Beweggrund für eines der aufsehenerregendsten Comebacks der jüngeren Sportgeschichte um. Denn der nach Olympia- und WM-Goldenen erfolgreichste Sportler aller bisherigen Zeiten ist nach bald zweijähriger Wettkampfpause auch deshalb wieder zurück, weil er sich zu dick gefunden hatte.

14 Kilo nahm Phelps infolge seines Rücktritts nach den Olympischen Spielen 2012 in London zu, wo er seinen Rekord auf 18 Goldmedaillen ausgebaut hatte. Der 1,93 Meter hohe 27-malige Weltmeister brachte also schon gut zwei Zentner auf die Waage, ehe er sich erneut in seiner alten Trainingsgruppe in Baltimore zu schinden begann. "Wieder in Form zu kommen war anfangs das Wichtigste", sagte Phelps vor seinem Start beim Grand Prix in Mesa, Arizona, wo er 628 Tage nach seinem letzten Rennen die Vorläufe über 100 m Delfin dominierte.

Zwei Zehntel hinter Lochte

Im Finale musste sich Phelps dann aber mit Platz zwei hinter Landsmann und Dauerrivale Ryan Lochte begnügen. Mit einer Zeit von 52,13 Sekunden wies er zwei Zehntel Rückstand auf Lochte auf und blieb mehr als zwei Sekunden unter seinem Weltrekord (49,82). Phelps tritt in Mesa noch über die 50 Meter Freistil an.

Goldhamster

Natürlich, der Spaß an der Freude spielte auch eine Rolle, vermutlich auch eine gewisse Langeweile, obwohl er sich nach dem Rücktritt auf exzessives Golfspiel gefreut hatte. "Michael hatte wohl gemerkt, dass er das Golf-Masters nie gewinnen wird. Und jetzt macht er eben wieder das, was er am besten kann", sagt Bob Bowman, Phelps' Erfolgstrainer, der den Goldhamster wieder unter die Fittiche nahm.

Der Beginn des Neuanfangs, den die Anmeldung für den Testpool der US-Anti-Doping-Agentur im November des Vorjahres signalisierte, sei mühsam gewesen. "Er war völlig außer Form", sagt Bowman: "Es brauchte eine Weile, bis wir an dem Punkt waren, dass er auch in der Öffentlichkeit trainieren konnte."

US-Trials im Visier

Klar ist das Zwischenziel, das Phelps anstrebt. Er will die US-Trials schmücken, bei denen im August die Tickets für die WM 2015 in Kasan, Russland, vergeben werden. Die im Jahr darauf folgenden Olympischen Spiele in Rio de Janeiro sind offiziell noch kein Thema, wohl aber die da und dort geäußerten Befürchtungen, der einstige Superstar könnte sein eigenes Denkmal schänden, sollte er als vergleichsweise lahme Ente herumpaddeln. Der deutsche Weltrekordler Paul Biedermann fand die Rückkehr seines einstigen Rivalen im Freistil "einfach großartig", ließ aber auch Zweifel an deren Sinnhaftigkeit anklingen: "Ich hoffe, dass er mit dieser Entscheidung glücklich ist."

Phelps für Phelps

Die verständliche Skepsis ob mehr oder weniger gescheiterter Sensationscomebacks der jüngeren Vergangenheit wie jenes von Michael Schumacher in der Formel 1 (nur ein Podestplatz in 58 Rennen) oder des australischen Schwimmkollegen Ian Thorpe, der im zweiten Versuch überhaupt nichts mehr zusammenbrachte, ficht Phelps nicht an: "Ich tue das für mich", beschied er den Journalisten, die nach Mesa gekommen waren. "Wenn ich nicht so erfolgreich bin, wie ihr es erwartet, und wenn ihr denkt, dass das meine Karriere befleckt, dann ist das eure Meinung."

Die ständige Koketterie mit dem eigenen Alter könnte aber schon auf leise Selbstzweifel hinweisen. Erst jüngst beklagte Phelps per Twitter die Entdeckung eines ersten grauen Haupthaars. Und in seiner Trainingsgruppe in Baltimore, mit der auch der französische Doppelolympiasieger Yannick Agnel seine Bahnen zieht, sei er "wirklich der Opa. Das ist das Schlimmste daran: Ich bin ein alter Mann." (sid, lü, DER STANDARD, 25.04.2014)