Foto: Dan Taylor/Heisenberg Media

Jähes Ende einer steilen Karriere: Pawel Durow, einer der einflussreichsten Internet-Unternehmer Russlands, ist außer Landes geflohen. Durow ist kein gewöhnlicher Oligarch, sondern ein Selfmade-Millionär. Medien nannten ihn den "Mark Zuckerberg Russlands", weil sein 2006 gegründetes Online-Netzwerk Vkontakte im russischsprachigen Raum so erfolgreich ist wie weltweit sonst nur Facebook.

Schon zu Schulzeiten galt Durow, obwohl sein Name (Durak ist das russische Wort für Dummkopf) anderes besagt, als Hochbegabter. Freilich schwankte sein Talent immer zwischen Genie und Wahnsinn.

"Must die"

Überliefert ist, dass er an der Petersburger Schule alle Computer hackte, um auf dem Startbildschirm das Konterfei seines Informatiklehrers mit der Unterschrift "Must die" auftauchen zu lassen. Trotzdem schloss er später Gymnasium und Studium mit Auszeichnungen und Stipendien, darunter auch eines der russischen Regierung, überhäuft ab.

Mit Vkontakte wurde bereits das erste kommerzielle Projekt des heuer 30-Jährigen ein voller Erfolg. Er schwamm im Geld und warf es buchstäblich zum Fenster hinaus, als er Papierflieger aus Rubelscheinen aus dem Büro fliegen ließ, um die sich vor dem Haus eine Menschenmenge prügelte - ein weiterer Skandal.

Doch zugleich vertrat er kompromisslos die Freiheit im Internet, lud Edward Snowden zur Mitarbeit ein und spendete eine Million an Wikipedia. Die 100 Millionen Nutzer von Vkontakte waren ein zu großer Brocken, um nicht das Interesse des Kremls zu wecken. Im Dezember verkaufte Durow seine Anteile, im April trat er als Direktor zurück.

Was zunächst aussah wie ein freiwilliger Rückzug, entpuppt sich nun mehr und mehr als verlorener Machtkampf. Im Dezember hatte der FSB Durow aufgefordert, alle persönlichen Infos der Euromaidan-Organisatoren in der Ukraine weiterzugeben. Durow weigerte sich. "Seit Dezember 2013 habe ich kein Eigentum mehr, aber mir ist etwas Wichtigeres geblieben: ein reines Gewissen und Ideale, für die ich bereit bin zu kämpfen", resümierte er rückblickend.

"Wir suchen eine neue Heimat, ein Land, das es uns erlaubt, unsere Projekte unter Achtung der Privatsphäre und Meinungsfreiheit zu entwickeln"

Nun muss er seinen Kampf im Ausland fortsetzen. Er und sein Programmiererteam seien aus Russland geflohen "Wir suchen eine neue Heimat, ein Land, das es uns erlaubt, unsere Projekte unter Achtung der Privatsphäre und Meinungsfreiheit zu entwickeln", schrieb Durow - ausgerechnet beim Vkontakte-Konkurrenten Facebook. (André Ballin, DER STANDARD, 25.4.2014)