Dean Blunt geistert in der Minoritenkirche.

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Krems - Dean Blunt und Inga Copeland schufen als britisches Duo Hype Williams dunkle, verwunschene Tracks, die sehr gern auch um den vor einigen Jahren hochangesagten Begriff der kulturellen Hauntology kreisten. Hauntology war Geisterjägerei in einsamen Spukhäusern, in denen früher reiche HipHopper, Popstars oder Fürsten der Finsternis aus der Gothic-Szene wohnten, die sich gegenseitig gern alte Soundtracks klassischer Horrorfilme vorspielten. Bei denen konnte man nie unterscheiden, ob gerade eine Frau oder eine Säge sang.

Black Is Beautiful, das Meisterwerk des Duos, kreiste demgemäß nicht um Fragen der Hautfarbe, sondern um die Dunkelheit, die entsteht, wenn man nachts das Licht ausschaltet oder den Mond verhängt. Klarerweise kann der Mensch auch in seiner Seele schwarz sein, aber das weiß man aus Philosophie, Geschichte und Buß- und Beteinschulungen.

Hype Williams veröffentlichten auf dem Londoner Post-Dubstep-Label Hyperdub, bis vor Kurzem erste Adresse, wenn es um schön bassige Beschwörungen lichtscheuer Aktivitäten geht. Warum sich Hype Williams schließlich trennten, ist nicht näher bekannt. Inga Copeland und Dean Blunt veröffentlichten im Vorjahr jeweils Soloarbeiten, die möglicherweise nicht nur um Abschied und Trennung kreisten, wenn es um künstlerische Differenzen geht. Inga Copeland ging auf ihrem Album Higher Powers jedenfalls allein und nachdenklich tanzen.

Dean Blunt gelangte mit The Redeemer an die Spitze diverser hipper Jahrescharts, indem er das Konzept von Hype Williams in seine Einzelteile zerlegte, über den Bestandteilen eine Scheibtruhe Gras rauchte und sich dann ohne Bedienungsanleitung daran machte, das Ganze wiederzusammenzuschrauben. Dabei hat er nicht nur Dark-Side-of-The-Moon -Samples von Pink Floyd mit alten HipHop-Platten vom Dachboden verwechselt, sondern auch Soul und Funk und gespeicherte Anrufbeantwortermitteilungen erwischt, in denen ihm mit den Nerven fertige Frauen erklären, dass er ein neues Leben anfangen sollte - aber bitte ab sofort ohne sie.

Das liest sich schlimmer als es klingt. The Redeemer ist tatsächlich eine beeindruckende Momentaufnahme aus dem Leben eines mitunter behäbig sprechsingenden Elektronikkünstlers, der willentlich nur an der Oberfläche der Banalität des Alltags kratzt, damit nicht gleich das ganze persönliche Elend hervorbricht, sondern nur in verträglichen Dosierungen aus den Boxen tröpfelt. Wenn er zwischendurch einmal auf der Gitarre hoppertatschig, aber egoistisch gut aufgestellt zu einem von einer Schildkröte gespielten Schlagzeug improvisiert, möchte man ihm allerdings eine Watsche geben.

Aber das Konzept, alle mit seinem Willen zur Einzigartigkeit und Kreativität in lange schon abgespielten Räumen und Genres zu nerven, geht bei Dean Blunt dadurch natürlich voll auf. (Christian Schachinger, DER STANDARD, 26./27.4.2014)