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Mit Nokia verschwindet eine der bekanntesten Mobilfunk-Marken vom Markt und wird zu Microsoft Mobile.

Foto: Reuters

"Heute ist ein aufregender Tag, da wir der Microsoft-Familie beitreten und den ersten, aber bedeutenden Schritt auf unserer langen Reise gehen". Das schreibt Stephen Elop, einstiger Nokia-Chef und nunmehriger Leiter der Gerätesparte der Microsoft in einem Blogeintrag. Die Marke Nokia verschwindet damit vom Handy- und Smartphonemarkt, an seine Stelle tritt "Microsoft Mobile".

Lange Geschichte

Der im finnischen Espoo ansässige Konzern hat eine lange Geschichte. 1865 begann der Betrieb in der Papierherstellung, später gesellten sich Reifen, Gummistiefel und andere Produkte hinzu. Aus jenem Zweig, der für Kabelherstellung zuständig war, erwuchs schließlich jener Zweig, seit über 40 Jahren im Telekommunikationssektor tätig war.

Nokia war einer der Pioniere der Handybranche. Das erste GSM-Mobiltelefon fand 1992 in Form des Modells 1011 auf den Markt. Zahlreiche weitere folgten. Mit der Zeit entwickelten die Geräte den Ruf, beinahe unzerstörbar zu sein und wurden vielerorts für lange Akkulaufzeit gelobt. Vorinstallierte Spiele, allen voran "Snake", füllten zahlreiche Schul- und Mittagspausen.

Handyriese

Zur Jahrtausendwende war Nokia zu einem der mächtigsten Player am Handymarkt und einem Vorzeigeunternehmen der finnischen Wirtschaft aufgestiegen. Millionen der Geräte trugen auch ihren Teil zum Wandel der Kommunikation in der Gesellschaft bei.

Telefonzellen verloren zunehmend an Bedeutung – mittlerweile hat auch Festnetztelefonie an Wichtigkeit eingebüßt. Das Produktportfolio war breit und reichte von einfachen Geräten bis hin zu experimentellen Devices wie dem N-Gage und PDAs wie dem Communicator, der aufgebaut war, wie ein kleiner Laptop.

iPhone

2007 gipfelte der Marktanteil von Nokia mit 41 Prozent, berichtet CNet. Im selben Jahr stellte der mittlerweile verstorbene Apple-Chef Steve Jobs das erste iPhone vor. Smartphones, etwa basierend auf Windows Mobile oder von Blackberry, existierten zu diesem Zeitpunkt bereits, füllten aber kaum mehr als eine Marktnische für Geschäftsleute.

Obwohl manche anderen Größen der Branche, darunter auch der einstige Microsoft-CEO Steve Ballmer, das Gerät belächelten, hob es ab. Das iPhone ist mittlerweile die bestverkaufte Smartphonereihe der Welt.

Rettungsanker Windows Phone

Nokia jedoch verschlief die Zeichen der Zeit. Erst langsam reagierte man auf den Trend zu multifunktionalen Telefonen mit großen Touchdisplays und probierte lange, sich mit dem Symbian-System eine eigene Kerbe in den Markt zu schlagen. Während dieses Vorhaben scheiterte, begann der Verkauf traditioneller Mobiltelefone wegzubrechen. Mit Googles Android erwuchs zudem ein zweiter, starker Konkurrent.

Zeitgleich mit einem kurzen Intermezzo mit dem Linux-basierten Betriebssystem Meego am stiefkindlich behandelten, von einigen Nutzern aber verehrten Nokia N9, kündigte Nokia 2011 an, künftig auf Windows Phone von Microsoft zu setzen. Der Redmonder IT-Riese war ebenfalls in Rückstand geraten und versuchte mit der Neuentwicklung, wieder in die Spur zu kommen. Mit Stephen Elop hatte schon zuvor ein ehemaliger Microsoft-Manager das Ruder übernommen.

Microsoft holt Marktmacht heim

Vor allem am Anfang verlief der Start für das neue System jedoch holprig und konnte nicht dazu beitragen, Nokia aus den roten Zahlen zu holen. Der Marktanteil von Windows Phone wird global derzeit mit rund drei bis vier Prozent angenommen. Der größte Player im noch kleinen Feld ist Nokia mit seinen Lumia-Geräten. Marktmacht, die Microsoft mit der 7,5 Milliarden Dollar schweren Übernahme nun in den eigenen Konzern geholt hat.

Nicht ohne einer zweiten Überraschung. Wenige Wochen vor Finalisierung der Akquise stellte Nokia die "X-Reihe" vor – günstige Smartphones, deren Oberfläche zwar Windows Phone imitiert, die aber eigentlich mit Googles Android-System laufen. Den Support für diese will Microsoft aufrecht erhalten, ob es neue Modelle geben wird, ist jedoch ungewiss.

Wehmut

In Finnland herrscht Wehmut ob der Übernahme. Am 1997 eröffneten Konzernhauptquartier prangt mittlerweile das Microsoft-Logo, auch die Nokia-Logos auf den Verkehrszeichen, die den Weg zur Zentrale weisen, wurden entfernt.

Mehrere Medien begleiteten die Übernahme mit Nachrufen auf den Konzern. 4.700 Mitarbeiter werden in Finnland von Microsoft übernommen, etwa 25.000 weltweit.

Lehrbeispiel

Die Geschichte von Nokia zeigt, dass auch Riesen im Tech-Geschäft fallen können. Eine Lektion die derzeit auch das kanadische Unternehmen Blackberry zu spüren bekommt. Der einstige Smartphone-Pionier spielt am Markt kaum noch eine Rolle. Mittlerweile wurde man in Sachen Marktanteile auch von Windows Phone hinter sich gelassen. (red/APA, derStandard.at, 28.04.2014)