Wien - EU-Kommissar Johannes Hahn (ÖVP) hat bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl (ÖVP) erklärt, er bekomme "Signale" für eine zweite Amtszeit. Leitl selbst streute dem derzeitigen Regionalkommissars Rosen: Dieser habe gute Chancen auf ein entscheidendes Ressort. Darüber hinaus warb Leitl mit wirtschaftlichen Argumenten für die EU.
EU-Kommission
Wen Österreich in die EU-Kommission schickt, ist freilich noch nicht entschieden. Der Grund für die Zurückhaltung sei, dass sich zuerst der neue Kommissionspräsident Gedanken über sein Team mache müsse, erklärte Leitl. Es gebe in der ÖVP aber niemanden, der sich nicht anerkennend zur Leistung des österreichischen Kommissars in Brüssel äußere. Zum ÖVP-Spitzenkandidaten für die EU-Wahl, Othmar Karas, sagte Leitl, dass die Aufgabenverteilung Karas-Hahn eine sehr positive sei.
Der Erfolg der EU ist den Wirtschaftsvertreter Leitl jedenfalls unbestritten: "Jeder Euro, den Österreich netto zahlt, kommt dreifach zurück", sagte er heute. Die Exporte hätten sich seit dem Beitritt Österreich 1995 verdreifacht, unterstrich Leitl. Die heimischen Firmen hätten sich "einen tollen Markt geschaffen" und die gemeinsame Währung schaffe Sicherheit für Investitionen. Der Wegfall der Wartezeiten an den Ländergrenzen spare Österreichs Wirtschaft alleine 1,7 Mrd. Euro jährlich. "Da rede ich noch gar nicht vom Tourismus", so Leitl. Die Nächtigungen aus den neuen EU-Ländern hätten sich verdoppelt.
Clusterbildung in Regionen
Hahn wiederum erklärte, die Clusterbildung, bei der Wirtschaft und Forschung in einer Region an einem Strang ziehen, von Österreich in andere EU-Länder exportiert zu haben. Aus dieser Wirtschaftsförderung, für die bis 2020 140 Mrd. Euro EU-weit ausgegeben werden, erwartet Hahn "signifikante Auswirkungen" in Süd- und Osteuropa, wo solche regionalen Cluster ein Novum seien. Österreich erhalte daraus in der Finanzperiode 2014 bis 2020 rund 1,25 Mrd. Euro zur Förderung der Innovationsfähigkeit und der Energieeffizienz. Bei der Gründungsintensität schwächle Österreich aber noch. Von 1.000 Personen würden nur 6 ein Unternehmen gründen, sagte Hahn.
Die "Achillesferse" ist für Hahn die massive Abhängigkeit von russischem Gas. Im Konflikt mit der Ukraine brauche es eine "Abrüstung der Worte". Auch Russland müsse daran ein Interesse haben. Mit Flüssiggas (LNG) und Leitungen, durch die man Gas auch in die andere Richtung schicken kann, arbeite man daran, die Abhängigkeit zu reduzieren. Europa habe 2012 bei Waren und Dienstleistungen einen Handelsbilanzüberschuss von 317 Mrd. Euro. "Durch unsere Abhängigkeit von Öl und Gas sowie seltenen Erden hat dieses Plus in ein Minus von 105 Mrd. Euro gedreht", sagte Hahn.
Zur derzeit laufenden Standortdebatte - ausgelöst von voestalpine-Chef Wolfgang Eder, der den Standort Linz infrage stellte - meinte Hahn: "Er bleibt eh da". Eder werde nach wie vor seine Stahlwerke nah am Kunden, also in Europa, brauchen. Leitl hingegen will es als "Weckruf" verstanden wissen, um darüber nachzudenken, was man besser machen könnte. Ihm schwebe da einen Mitarbeiterbeteiligungen an Unternehmensgewinnen vor. Das würde die Kaufkraft stärken, Leistung belohnen und den Erfolg gerecht verteilen. (APA, 28.4.2014)