Honda nimmt die Hornet vom Markt und bringt stattdessen Ende Juni die CB 650 F. Die ist weniger sportlich, weniger stark und weniger teuer – und ein feines Motorrad

Nach den Zweizylinder-500ern wie der CB 500 von Honda oder der EN 500 von Kawasaki markierten in den 1990er-Jahren die nackerten 600er mit Vierzylinder-Motor den Einstieg in die Motorradwelt – wenn man halt was auf sich hielt. Mit fast 100 PS kamen da die Yamaha Fazer oder die Honda Hornet vom Händler. Am Ende holte die Hornet 102 PS aus dem 600 Kubikzentimeter großen Vierzylinder und hatte ein Drehmoment von über 60 Newtonmeter. Doch diese Ära ist nun vorbei. Honda stellt die Produktion der Hornet ein und bringt stattdessen die CB 650 F.

Foto: honda

Mehr Hubraum heißt jetzt aber nicht mehr Leistung, noch brachialer und noch erbarmungsloser. Nein, Honda geht einen großen Schritt zurück und nähert sich der Philosophie des Einsteiger-Motorrades noch einmal neu an. Und das nicht nur beim Motor, der jetzt zwar fast 50 Kubikzentimeter mehr, aber mit 87 PS um 15 PS weniger hat. Auch sonst hat Honda den Hornet-Nachfolger mit dem Sparstift gezeichnet.

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Statt eines Alu-Rahmens hat die CB 650 F einen aus ovalen Stahlrohren. Die Upside-down-Gabel musste einer konventionellen weichen. Das bei Honda sonst so zelebrierte Combined-ABS wurde durch ein Zwei-Kanal-ABS ersetzt. Es gibt keine Traktionskontrolle, keine Ganganzeige im Cockpit, und statt radial verbauter Superhypermega-Brems-Kapazundern verrichten zwei Zweikolben-Zangen ihre Arbeit am Vorderrad.

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Das klingt beim ersten Hinhören ziemlich langweilig – das ist es aber nicht. Selbst hartgesottene Berghatzer werden mit der Downsizing-Hornet ihren Spaß haben. Denn, wie ein Bekannter sagte: "Was mich an Motorrädern so fasziniert, ist, dass du mit fast jedem Bock auf die Rennstrecke fahren und Spaß haben kannst." Und das trifft irgendwie auch auf die CB 650 F zu. Zwar reißt die nicht an, dass du dauernd mit der Angst leben musst, dass – nimmst du eine Hand vom Lenker– du dir von hinten die LED-Leuchten der ohne dich entschwindenden Maschine anschauen musst, aber Honda ist da schon was gelungen. Und wenn wir daran denken, dass die Zielgruppe der Auf- und Einsteiger ohnedies lieber am Wochenende auf der Haus- als auf der Rennstrecke anstofft, dann kann man Honda nur gratulieren.

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Mit dem Drehmoment von 63 Newtonmeter steht die CB 650 F der Hornet um nix nach – im Gegenteil, der ganze Moach liegt deutlich früher an. Damit kann man auch untertourig fahren, ohne von einem permanenten Ruckeln genervt zu werden. Seidenweich dreht der Motor von ganz unten hoch, ohne je böse zu werden – und über 9.000 Touren legt er sogar noch ein Schäuferl nach. Was unter dem motorischen Strich bleibt, ist ein einfach zu fahrendes Motorrad, das einen nie überfordert, aber unglaublich viel Spaß macht.

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Ja, wären da nicht die Normalo-Bremsen, könnte man einwerfen. Nix ist mit Einwerfen. Denn selbst wer spät anbremst, wird verzückt am Kurveneingang einlenken. Das Billige bremst nicht nur tadellos, sondern überraschend klar, sauber und gut. Da ist man besser beraten, wenn man sich die Kohle für die Brembo-Nachrüstung in den Tank füllt. Und selbst das lohnt sich doppelt, weil die Honda überraschend sparsam ist – obwohl, wenn kümmert das im Grunde auf zwei Rädern?

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Und das Fahrwerk, das man nicht einstellen kann, ja, das ist eher auf der weichen Seite, leistet sich aber auch im Angebermodus keine Schwächen. Dem Fahrwerk kommt wohl das Gewicht von vollgetankt nur 208 Kilogramm zugute. Und weil Honda bei der CB 650 F nicht nur beim Schnickschnack spart, sondern das Motorrad in Thailand statt in Japan bauen lässt, stehen auf der Preisliste nicht einmal 8.000 Euro. Da ist der schönste Krümmer aller Zeiten schon mit dabei.

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Bleibt die Frage, wo die Schwächen der Hornet-Nachfolgerin sind. Große Menschen werden keine Freude haben, weil sie als Einsteiger-Motorrad eine entsprechend niedrige Sitzhöhe hat – aber bis auf den Kniewinkel sitzt man selbst mit 190 Zentimeter noch kommod drauf. Wer in der CB 650 F die Sportgene einer abgeräumten Supersport sucht, wird hier nicht fündig. Oder anders gesagt, wer schmerzende Handgelenke und ein Vorderrad sucht, das auch im dritten Gang nicht am Boden zu halten ist, oder ohne Traktionskontrolle durch keine Kurve kommt, muss tiefer ins Börserl greifen. (Guido Gluschitsch, derStandard.at, 28.4.2014)

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Honda CB 650 F

Motor: 4 Zylinder-4-Takt-Motor, 16 Ventile
Hubraum: 649 ccm
Leistung: 64 kW (87 PS) bei 11.000 U/min
Drehmoment: 63 Nm bei 8.000 U/min
Kraftübertragung: 6-Gang-Schaltung, Kette
Radaufhängung vorne: 41 mm Teleskop-Gabel
Radaufhängung hinten: Schwinge mit Monoshock-Federbein
Bremse vorne: Doppel-Scheibenbremse, Ø 320 mm,2-Kolben, ABS
Bremse hinten: Scheibenbremse, Ø 240 mm, 1-Kolben, ABS
Reifen vorne: 120/70 ZR17M/C
Reifen hinten: 180/55 ZR17M/C
Gewicht vollgetankt: 208 kg
Sitzhöhe: 810 mm
Einführungspreis: ab 7.890 Euro

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Hinweis im Sinne der redaktionellen Leitlinien: Die Teilnahme an internationalen Fahrzeug- und Technikpräsentationen erfolgt großteils auf Basis von Einladungen seitens der Automobilimporteure oder Hersteller. Diese stellen auch die hier zur Besprechung kommenden Testfahrzeuge zur Verfügung.

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