Michael in einer Badehose von Orlebar Brown, Brille Persol, Hut Mühlbauer; Stefanie in einem Badeanzug von Stine Goay, Shorts Meshit, Brille Tom Ford; Tuch Épice.

Foto: Christoph Pirnbacher

Stefanie trägt einen Badeanzug von Calzedonia und eine Brille von Tom Ford. Michael einen Pullover von Z Zegna, eine Badehose von Hermès und eine Brille von Persol, Tuch von Diesel.

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Badeanzug Hermès, Herrenhemd Ermenegildo Zegna, Hut Maison Michel, Sonnenbrille Tom Ford.

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Pullover Petar Petrov, Badehose Brioni, Brille Tom Ford, Bikini Hermès, Hut Mühlbauer, Tasche Seeberger, Espandrillos Stella McCartney.

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Bikini Orlebar Brown, Sakko Petar Petrov, Sonnenbrille Tom Ford, Hemd Petar Petrov, Badehose Emporio Armani, Brille Persol.

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Adam Brown betritt seinen Flagship-Store nahe der Londoner Savile Row, dem Hoheitsgebiet klassischer britischer Herrenmode. "Ich bin stolz, in dieser Gegend zu sein", sagt er. Kann der 48-Jährige auch. Brown ist es gelungen, aus einer abseitigen Idee ein florierendes Unternehmen gemacht zu haben. Vor sieben Jahren fing er mit der Marke Orlebar Brown an, Bademode für Männer zu entwerfen - mit kleinen Details wie dem Seitenverschluss, der Männern gestattete, die Hosen besser an ihre Körper anzupassen. Mit 4.000 Teilen fing er an, dieses Jahr werden wohl mehr als 130.000 verkauft. Seit einem Jahr kreiert Orlebar Brown auch Damenbadebekleidung. Zeit für ein Gespräch, was beide Geschlechter am Strand alles beachten sollten.

STANDARD: Die Badesaison geht los. Was raten Sie Männern, die eine Badehose kaufen möchten?

Brown: Zu einem Einsteigermodell in Navyblau, diese Farbe würde ich jedem Mann raten. Sagen wir mittellange Badeshorts, die auf der Hälfte der Oberschenkel enden. Die können Sie tragen, wenn Sie von der Poolbar zur Yacht möchten oder vom Strand zum Auto. Leicht können Sie leuchtende Farben wie Gelb oder Orange kombinieren, und es sieht toll aus. Oder einfach ein klassisches weißes Hemd darüber. Navyblau ist unheimlich vielseitig.

STANDARD: Dunkelblaue Badeshorts sind das Äquivalent zum weißen T-Shirt in der Garderobe?

Brown: Ja, sie sind ein Basic, mit dem man auf Nummer sicher geht.

STANDARD: Was sagen dann andere Badehosenfarben wie Gelb oder Rot über ihre Träger aus?

Brown: Farbe ist ein wesentlicher Faktor, den Sie bedenken müssen, wenn Sie eine Badehose kaufen möchten. Die anderen sind Körpergröße, Körperform, Hautfarbe und nicht zuletzt Ihre Persönlichkeit.

STANDARD: Treffen diese Parameter auch auf Frauen zu?

Brown: Oh, da betreten wir ein Minenfeld.

STANDARD: Wieso?

Brown: Frauen müssen an zwei Teile denken, den Bikini und die Hose dazu. Brustgrößen, Hüftbreite, das sind andere Parameter, manche Frauen wollen sich stärker bedecken als andere. Da ist die Variante, falsch zu liegen, viel höher als bei Männern.

STANDARD: Der Farbe sollten aber beide Geschlechter dieselbe Wichtigkeit einräumen?

Brown: Mit der Farbe müssen Sie Ihre Hautfarbe in Einklang bringen. Wenn Sie dunklere Haut haben, wie Männer in Südamerika oder im mediterranen Raum, sind Sie in der glücklichen Lage, helle Farben ohne Probleme tragen zu können. Zitronengelb, Grasgrün, orangefarben, Sie können den Strand so richtig feiern. Ich hingegen mit meinem britischen Teint ...

STANDARD: ... Sie meinen das gesunde Rosa der Engländer ...

Brown: ... mit meiner blassen Haut muss ich aufpassen. Da passt Navyblau besser.

STANDARD: Bei Frauen ebenso?

Brown: Nein, das kommt bei ihnen überhaupt nicht gut an. Sie bevorzugen Schwarz. Das gibt ihnen eine raffiniertere Note. Bei Männern funktioniert diese Farbe wiederum gar nicht. Sie sehen in Schwarz entweder wie Leichenbestatter oder Fashion-Victims aus.

STANDARD: Tragen Frauen öfter leuchtende Farben als Männer?

Brown: Zitronengelb oder Rot finden Sie häufiger bei Frauen. Niemand stört sich daran. Denken Sie an ein Paar, wenn es ausgeht. Er wird konservativ angezogen sein mit Anzug und Krawatte, sie wird ein gewagtes Kleid und High Heels anziehen. Frauen umgeben sich gern mit Farben.

STANDARD: Frauen werden Blumenmuster leichter verziehen?

Brown: Bestimmt, florale Drucke haben etwas Feminines. Allerdings heißt das nicht, dass Männer in Blumenmustern generell schlecht aussehen. Farbe spiegelt den Charakter wider. Sind Sie von Natur aus reserviert und zurückhaltend, greifen Sie nicht zu Rot oder Gelb. Genießen Sie die Aufmerksamkeit, wenn Sie im Mittelpunkt jeder Party stehen, dann greifen Sie ruhig zu exzentrischen Tönen.

STANDARD: Sie haben gesagt, die Körpergröße ist bei Männern ein entscheidender Faktor beim Kauf von Shorts.

Brown: Ihre Größe beeinflusst die Passform. Wenn Sie kleiner sind, wählen Sie keine langen Boardshorts. Ihre Beine sehen in diesen noch kürzer aus. Mittellange Shorts oder Briefs ...

STANDARD: ... Badehosen in Slip-Form ...

Brown: ... passen besser zu Ihren Körperproportionen. Sind Sie über 1,80 Meter, setzt der gegenteilige Effekt ein, also nichts, was zu kurz ist. Oder Sie betonen nur, wie kurz oder klein Ihre Badehose geraten ist.

STANDARD: Briefs funktionieren besser bei kleineren Männern?

Brown: Da kommt noch dazu, auf welche Weise Sie diese benutzen. Zu welcher Gelegenheit. Zum Lunch in einem Strandrestaurant sind sie nicht die beste Wahl, schwimmen Sie jedoch jeden Tag eine Stunde, dann sind sie perfekt. Weil Sie die Bewegungsfreiheit nicht einschränken. Und dann ist egal, wie groß Sie sind. Das ist eine rein sportliche Lösung.

STANDARD: Prince William wurde vor ein paar Jahren von den Boulevardblättern Englands ausgelacht, als er zu einem Wasserpolo-Spiel solche Hosen trug.

Brown: Das ist eine Klassenfrage in England. Ohne Zweifel gibt es einen britischen Snobismus gegenüber dem europäischen Festland. Das betrifft in diesem Fall auch Briefs. In den 1970er-Jahren fuhren englische Familien in den Urlaub ans Mittelmeer, sie sahen die Franzosen, Italiener, Spanier, Deutschen in ihren knappen Badehosen am Strand und fühlten sich nicht wohl in ihren langen Badeshorts. Sie fielen auf. Briefs gelten in Großbritannien nicht als ordentliches Kleidungsstück. Wer sie trägt, den darf man nicht ernst nehmen. Das ändert sich erst jetzt. Und zwar auch dank David Beckham.

STANDARD: Er wirbt für eine eigene Badehosen-Linie mit H&M und trägt auf den Plakaten weiße Slip-Badehosen.

Brown: Ich denke, die Zeit ist wieder reif für Briefs, nachdem sie lange verpönt waren. In den 1980er-Jahren war es das letzte Mal so.

STANDARD: Männer haben oft das Gefühl, darin nicht würdevoll auszusehen.

Brown: Na gut, ich möchte auch nicht, dass mein Fett über den elastischen Gummizug herausquillt. Und ich habe welches hinten am Rücken. Mit einem leichten Elastikzug, der nicht alles herauspresst, bemerkt man das nicht sofort. Und ich erhalte meine Würde, wenn ich am Pool meine Kleidung ausziehe.

STANDARD: Kurze Badehosen wie von Speedo genießen in den USA ein schlechtes Ansehen ...

Brown: ... während man in französischen Schwimmhallen nur Badehosen anziehen darf und keine Shorts.

STANDARD: Haben Sie eine Erklärung dafür?

Brown: In den USA erlebten Badehosen wie die von Speedo nie einen Durchbruch. Tom Selleck als Magnum, Schwarzenegger - wenn Sie sich die Bilder aus den 1980er-Jahren ansehen, tragen die Männer alle Shorts. In Ibiza, Cannes oder Rimini war das anders, weil es dort keine Surferkultur wie in Kalifornien gab.

STANDARD: Wird dank David Beckham nun auch Amerika Briefs tragen?

Brown: Vor einem Jahr hätte ich Nein gesagt. Inzwischen sehe ich an unseren Verkaufszahlen, dass sich die kurzen Shorts immer besser in den USA verkaufen. Da scheint es eine Entwicklung hin zu weniger Stoff zu geben. Ich weiß nicht, ob das noch der "Skyfall"-Effekt ist ...

STANDARD: ... Daniel Craig trug Ihre Badehose in einer Szene des letzten James-Bond-Films ...

Brown: ... das ist nun eineinhalb Jahre her. Was ich sehe: Niemand will mehr weite sackartige Shorts tragen, die Bademode ist stärker an den männlichen Körper angepasst.

STANDARD: Tragen einige Nationen Bademode mit mehr Stolz als andere?

Brown: Die Italiener sind selbstsicherer, sie sind wie Pfaue, die am Strand auf und ab spazieren. Ich war noch nie in Brasilien, schätze aber, dass es dort ähnlich ist. Wir Briten haben einfach nicht das Klima oder Begebenheiten, um uns mit Bademode zu brüsten. Die Strände in Brighton oder Bournemouth sind ja voller Steine.

STANDARD: Kommen wir noch einmal zu den Frauen ...

Brown: ... der Markt für Damenbekleidung ist überflutet mit Bademoden. Ich würde sogar sagen: saturiert.

STANDARD: Trotzdem haben Sie auch begonnen, Bademode für Frauen zu entwerfen.

Brown: Wir haben erlebt, dass Frauen bei uns Shorts gekauft und zu Hause für sich umgeschnitten haben. Das war ein guter Indikator für uns, dass sich der Markt lohnen könnte.

STANDARD: Welche Trends sehen Sie denn auf dem Markt?

Brown: Vor allem jenen zu überladenen Teilen mit zu vielen Schmuckelementen. Sie sehen für mich nicht sehr funktional aus. Vielleicht sind sie passend, wenn eine Frau nur mit einem Cocktail am Pool sitzen möchte, aber nicht für eine Mutter, die mit ihren Kindern spielen will. Oder gar darin schwimmen möchte.

STANDARD: Was beobachten Sie noch?

Brown: Bademode für Frauen kennt nur zwei Extreme: superteuer oder superbillig. Es gibt wunderschöne Bikinis für wahnsinnig viel Geld und trashige Modelle. Ich habe kaum Bikinis gesehen, die schick sind und trotzdem eine sportliche Note haben. Einfache Farben, vergessen Sie es. Auf Bikinis finden Sie Muster, Drucke, Glitzer, von allem zu viel.

STANDARD: Ist der Badeanzug diese Saison ein Thema?

Brown: Absolut, warum nicht? Eine Frau in einem Einteiler sieht so schick aus! Das ist ein klassischer Look. Er verdeckt mehr, klar, aber er formt die Silhouette anders, als dies ein Bikini macht.

STANDARD: Was sind die Problemzonen bei Frauen?

Brown: Bewegungsfreiheit ist das Wichtigste. Alles soll an seinem Platz und bedeckt bleiben, wenn Sie sich von der Sonnenliege erheben. Die Brüste dürfen nicht herausfallen, wenn Sie die Beine spreizen, darf nichts zu sehen sein. Im Wasser muss der Bikini sitzen. Das sind funktionale Grundsätze, die manchmal unterschätzt werden. (Ulf Lippitz, Rondo, DER STANDARD, 2.5.2014)