Irene Weinfurter kocht auf dem holzbefeuerten Schlossherd.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Der Bio-Schweinsbraten mit Stöcklkraut ist jetzt schon legendär.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Na prack. Seit vergangenem Wochenende hat der Nobelgärtner Lederleitner mit Schloss Walpersdorf, im Traisental (Wein!) zwischen den Metropolen St. Pölten und Krems gelegen, eine neue Filiale. Die kommt vor lauter Möbeln zwar ganz ohne Pflanzen aus, ist dafür aber umso enormer - beim Rundgang durch die schier endlose Abfolge an Sälen, Gängen, Gemächern und Kammerln fühlt man sich bald einmal wie ein Drahdiwaberl bei Ikea. Nur was die schiere Gigantomanie betrifft natürlich, in puncto Auswahl, Arrangement und "Wie kann ich Ihnen helfen?" geht es hier ungleich soignierter zu. Mit wie viel Gespür und Augenmaß die Gemäuer dieses prächtigen Renaissancebaus instand gesetzt wurden - allein das will man gesehen haben.

Idealsbesetzung am holzbefeuerten Herd

Funkelndes Juwel des Ensembles ist aber die original erhaltene Schlossküche mit Terrazzofliesen, Kacheln, Gewölbe und massivem, holzbefeuertem Herd, die von Lederleitner in weiser Voraussicht zum Wirtshaus der Unternehmung designiert und für die mit Irene Weinfurter die Idealbesetzung einer fürsorglichen Schlossköchin gefunden wurde. Wer Weinfurter nicht kennen sollte: Die gebürtige Mühlviertlerin hauchte in den vergangenen Jahren zahllosen Slow-Food-Happenings in Form von echt köstlichem Essen Leben ein, sie kochte schon einmal länger bei der in den USA als Großmeisterin des guten Lebens verehrten Alice Waters (Chez Panisse, Berkeley) und war mit allerhand Catering der unaufgesetzt köstlichen Art (www.bookacook.at) gut unterwegs.

Das Angebot, die Schlossküche zu übernehmen und mittels eigener Brauerei - wurde an den kundigen Quereinsteiger Bernhard Bugelmüller delegiert - sowie fantastischer Holzofenbäckerei zum kulinarischen Gesamterlebnis zu gestalten, erkannte Weinfurter aber schnell als Chance, ihr Lebenswerk zu krönen.

Mit dem gerade 20-jährigen Philipp Inreiter, der es als erster Österreicher in die Stammmannschaft von René Redzepis Noma geschafft hat (und wohl auch bald dorthin zurückkehren wird), holte sie sich einen fähigen Partner für die Eröffnung. Während es in der Küche schon ziemlich geschmiert zu laufen scheint, muss beim Service noch um Geduld gebeten werden. Wenn die Tische in Küche, Gastraum und Schlosshof besetzt sind, dann kann es schon mal eine halbe Stunde dauern, bis das Bier auch jene durstige Kehle findet, der es bestimmt war.

Krustenbraten

Die Küche aber gibt sich keine Blöße: Weinfurter setzt goldrichtig auf große Braten aus der Holzofenröhre, die allesamt vom unvergleichlichen Fred Zehetner aus Laa an der Thaya geliefert werden: Grandioses, gereiftes Fleisch von Freilandschweinen und Weidehaltungsrindern, das schon jetzt zum Besten gehört, was man diesbezüglich erwarten darf. Im angeschlossenen Geschäft kann man Weinfurters Leberaufstrich von ebendiesen Tieren kaufen - lohnt sich sehr.

Fantastische Rindsuppe und herrliche überbackene Hascheeknödel gibt es jetzt schon, ganz unüblich köstliche Räucherforelle und allerhand Kuchen ebenso - das Feintuning der Küche mit allerhand Buchteln, Powidltascherln und vegetarischen Finessen ist aber ebenso erst in den Wochen nach dem Eröffnungsstress zu erwarten wie jene der Weinkarte, für die Sommelier Sebastian Pesau ein paar richtig spannende Bioweine ankündigt. Ein Topausflugsziel des Frühlings hat jedenfalls eröffnet. (Severin Corti, Rondo, DER STANDARD, 2.5.2014)