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Angehörige der zum Tode Verurteilten machen vor dem Gericht in Minia das "Rabia"-Zeichen - die vier Finger ohne Daumen, die das Symbol der ägyptischen Protestbewegung gegen das Militär geworden sind.

Foto: REUTERS/Mohamed Abd El Ghany

Kairo/Minia - Die Muslimbrüder haben nach den schockierenden Todesurteilen gegen 683 Angehörige und Sympathisanten ihrer Bewegung zu einer neuen "Revolution" in Ägypten aufgerufen. Die von den Islamisten 2013 gegründete "Nationale Koalition für die Unterstützung der Legitimität" kündigte Protestaktionen für den kommenden Mittwoch an. In einer Erklärung, die in der Nacht zum Dienstag verbreitet wurde, hieß es, die Schreie der zu Unrecht verurteilten seien "bis in die Paläste der Plünderer zu hören".

Ein Gericht in der oberägyptischen Stadt Minia hatte 683 mutmaßliche Islamisten am Montag wegen der Teilnahme an gewalttätigen Protesten und wegen Mordes in erster Instanz schuldig gesprochen. Unter den Verurteilten ist auch das Oberhaupt der Muslimbruderschaft, Mohammed Badie. Von den 683 am Montag Verurteilten befinden sich allerdings nur rund 50 in Haft. Die übrigen wurden entweder gegen Kaution entlassen oder sind auf der Flucht. Die Todesurteile müssen noch vom ägyptischen Mufti, der höchsten religiösen Instanz, bestätigt werden. Sein Urteil ist jedoch nicht bindend und kann vom Gericht ignoriert werden.

UN-Menschenrechtskommissarin empört

Die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Navi Pillay hat sich empört über die Todesurteile geäußert. Es sei skandalös, dass das Gericht im oberägyptischen Minia zum zweiten Mal in zwei Monaten nach oberflächlichen Verhandlungen die Todesstrafe gegen große Gruppen von Angeklagten verhänge, teilte sie am Dienstag in Genf mit. Dieses Vorgehen verstoße ganz klar gegen internationale Menschenrechte. Pillay kritisierte, das Schicksal Hunderter Menschen hänge offensichtlich von einem Justizsystem ab, das internationales Recht auf einen fairen Prozess zunehmend mit Füßen trete.

Der Urteilsspruch vom Montag hatte auch international Entsetzen ausgelöst. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International warnte davor, die Justiz zu einem Teil des "Unterdrückungsapparats" zu machen. Das Militär hatte den demokratisch gewählten Präsidenten Mohammed Morsi im Juli 2013 gestürzt. Seither wurden Tausende Anhänger der Muslimbruderschaft inhaftiert. (APA, 29.4.2014)