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Brunei ist eines der reichsten, aber auch der konservativsten Länder Südostasiens.

Foto: Reuters/Rani

Bandar Seri Begawan - Im südostasiatischen Sultanat Brunei wird von Donnerstag an das strenge Strafrecht der islamischen Scharia eingeführt. Die neuen Rechtsvorschriften würden schrittweise eingeführt, sagte Sultan Hassanal Bolkiah am Mittwoch.


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Eigentlich sollte die Einführung des Scharia-Strafrechts in dem mehrheitlich muslimischen Königreich bereits vor einer Woche beginnen, der Termin wurde jedoch zunächst auf unbestimmte Zeit verschoben. Bolkiah, dessen Familie das rund 400.000 Einwohner zählende Königreich seit sechs Jahrhunderten streng autoritär führt, hatte die Einführung im Oktober angekündigt.

Konservativer als Nachbarstaaten

Menschenrechtsorganisationen äußerten scharfe Kritik an den Plänen. Das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte (OHCHR) zeigte sich Anfang April "zutiefst besorgt". Auch in der Bevölkerung, die den König traditionell als unanfechtbare Autorität akzeptiert, gab es Kritik. "Die Theorie besagt, dass Allahs Gesetz hart und unfair ist, aber Allah selbst hat gesagt, dass sein Gesetz tatsächlich fair ist", sagte der Sultan nun in Reaktion auf die Kritik. Die Behörden versicherten, es würden strenge Kriterien bei der Anwendung der Körperstrafen gelten, und Richter hätten weiten Spielraum bei ihrer Verhängung.

Das Scharia-Recht sieht für eine Reihe von Gesetzesverstößen Körperstrafen wie Steinigung und die Amputation von Gliedmaßen sowie Peitschenhiebe vor. In Brunei wird der Islam seit langem deutlich konservativer ausgelegt als in den muslimischen Nachbarstaaten Indonesien und Malaysia. Schon bisher ist das Rechtssystem Bruneis zweigleisig: Es verbindet seit der britischen Kolonialzeit eine zivilrechtliche Gerichtsbarkeit nach britischem Vorbild mit einer Scharia-Rechtsprechung für Fragen des Familienrechts. Im Strafrecht galt die Scharia bisher nicht.

Boykottaufrufe

Die neue Gesetzgebung löste bisher vor allem unter LGBT-Aktivisten Proteste aus, da befürchtet wird, dass damit die Steinigung von Homosexuellen legitimiert werden soll. Die amerikanische TV-Moderatorin Ellen DeGeneres und der britische Schriftsteller Stephen Fry kündigten an, die im Besitz des bruneischen Finanzministeriums befindliche internationale Hotelkette Dorchester Collection künftig zu boykottieren. "Unsere Mitarbeiter sind in diese religiöse und thematische Problematik nicht involviert", verteidigte eine Sprecherin die Hotelkette. Man halte sich an die Gesetze in den jeweiligen Ländern der Hotelstandorte.

I won't be visiting the Hotel Bel-Air or the Beverly Hills Hotel until this is resolved. http://t.co/RqQrLBK4EJ

— Ellen DeGeneres (@TheEllenShow) 22. April 2014

(red/APA, 30.4.2014)