"Sleepy Time" macht sich lustig. Vor allem über seine Spieler.

Foto: Sleepy Time

"Selbstbefriedigung ist Sex mit einem Menschen, den man liebt", meinte einst ein romantischer Woody Allen. Die türkischen Brüder und Spielentwickler Tarik und Talha Kaya betrachten Masturbation gar als Therapieansatz. In ihrem Browserspiel "Sleepy Time" schrumpft die freudsche Autoerotik zur Einschlafhilfe für depressive Männer.

Psychedelische Abenteuerreise

Zweifellos ein effektiver Weg, um Aufmerksamkeit für ihr Indie-Studio Kayabros zu bekommen, stellt das Masturbationsspiel klickfreudige Internetnutzer vor die Aufgabe, im Rhythmus zu sechs unterschiedlichen Songs grob stilisierten Männern dabei zu helfen, sich zu erleichtern. Damit befriedigt "Sleepy Time" vermutlich mehr die ludischen als die sexuellen Bedürfnisse eingeschworener Fans von Musikspielen wie "Guitar Hero", verspricht jedoch etwas mehr Tiefgang. "Es ist eine psychedelische Abenteuerreise in die Gedanken depressiver Menschen", ist auf der Webseite zu lesen. Ein Satz, der den Schöpfern wohl nicht ohne Schmunzeln über die Lippen gegangen ist.

Viele Penisse  

So abstrakt die fleckigen Gesichter im Anblick eines mal roten, mal violetten Pinselstrichs auch anmuten, so unverblümt beschreiben die Geschwister Kaya den Inhalt: "Es ist nicht für Kinder geeignet. Enthält Penisse. Viele Penisse." Hinzukommen sechs Songs, Dialoge zwischen Tonstatuen, Depression, Masturbation und ein Speichersystem (!). Eine Downloadversion inklusive des melodisch-melancholischen Soundtracks ist für zwei Dollar zu haben. Spätestens nach dem ersten virtuellen Orgasmus dürfte sich jedoch die Gewissheit einstellen, dass dieses fiktive Antidepressivum genauso wie das reale Gegenstück am besten kostenlos angewandt wird. Zu beachten sind die divergierenden Nebenwirkungen: Extreme Langeweile tritt anstelle des allfälligen Müdigkeitsanfalls.

Eigenerfahrung

Mit dieser Lethargie kommt "Sleepy Time" sodann auch bald zum metaphorischen Punkt: Masturbation zur Einschlafroutine minimiert ist nicht viel freudiger, als mit einem schlechten Browsergame seine Zeit zu füllen. Als männliche Entwickler die weibliche Seite komplett auszulassen, muss hingegen als vergebene Chance zur Förderung des geschlechterübergreifenden Verständnisses angesehen werden.

Designer Talha Kaya begründet diese Ausgrenzung damit, dass das Spiel ausschließlich basierend auf eigener Erfahrung konzipiert wurde. Zudem habe er bisher "keine Frau kennengelernt, die Masturbation zur Depressionsbekämpfung" einsetze. Wichtiger noch: Frauen als "Anreiz" für männliche Spieler zu integrieren, wollte Kaya in jedem Fall vermeiden. Es ginge hier schließlich nicht um Lust. "Die meisten Männer würden denken, dass dies ein Erotikspiel ist, um sie scharf zu machen. Das wäre schrecklich." (Zsolt Wilhelm, derStandard.at, 30.4.2014)