Bild nicht mehr verfügbar.

ATV-Geschäftsführer Martin Gastinger udn ATV-Eigentümer Herbert G. Kloiber.

Fotos: APA/TECHT/SCHNEIDER

Wien - ATV kämpft seit einiger Zeit mit "Problemzonen". Rückläufige Quoten und eine Reihe von Sendungsflops führten zuletzt zu einer Reihe von Programmänderungen. Prominenteste "Opfer" waren dabei die Daily-Soap "Wien - Tag & Nacht" und der Polit-Talk "Am Punkt". Beim Sender selbst sieht man ATV aber nicht in der Krise und spricht von "natürlichen Vorgängen".

"Bei den Werbeeinnahmen blickt ATV auf ein äußerst zufriedenstellendes Quartal 2014, und somit bin ich als Eigentümer mit meinem Engagement ATV durchaus zufrieden", erklärte ATV-Eigentümer Herbert G. Kloiber. Programmlich lief es in den vergangenen Monaten allerdings nicht immer rund. Die Millionenproduktion "Wien - Tag & Nacht" hob nicht ab und wechselt nun auch den Sendeplatz. Zugleich entschieden die Programmmacher wie berichtet, dass nach der 1. Staffel Schluss ist.

"Am Punkt" soll durch neues Format ersetzt werden

Auch Formate wie "Eigi vs. Pichla", "Tausche Familie", "Tal sucht Frau", "Hi Society" oder Kurt Mündls Natur-Doku-Reihe "ATV Kosmos" taten sich beim Publikum schwer, und in der Information läuft das Talk-Format "Am Punkt" aus. Punkto programmlicher Detailfragen verwies Kloiber auf die Sendungsverantwortlichen. Nur soviel: "Nach fast fünf Jahren haben wir einvernehmlich beschlossen, die etwas müde gewordene 'Am Punkt'-Sendung durch ein neues Format zu ersetzen. Das ist für einen Sender mit unserem Anspruch ein natürlicher Vorgang. Nur der ORF leistet sich jahrzehntelang das Palaver 'Im Zentrum'", so Kloiber.

Gastinger spricht von Business as usual

Auch ATV-Geschäftsführer Martin Gastinger, der in dieser Funktion vor einem Jahr Ludwig Bauer ablöste, spricht von Business as usual: "Seit ich bei ATV als Programmdirektor beziehungsweise nun als Geschäftsführer und Programmdirektor tätig bin, bringt ATV jedes Jahr an die zehn neue Formate an den Start - das macht sonst kein anderer heimischer Sender. ATV hat so in den letzten Jahren etwa 50 neue Formate gelauncht, die erfolgreichsten gar nach Deutschland exportiert." Als Beispiele nannte Gastinger "Pfusch am Bau" oder "Das Geschäft mit der Liebe". "Manchmal gelingen Formatentwicklungen besser, manchmal schlechter."

Natürlich sei man mit der Performance von "Wien - Tag & Nacht" im Vorabend "nicht zufrieden, vor allem in der breiten Masse ist die Sendung dort hinter den ambitionierten Zielen geblieben". Deshalb werde man "WTN" ab 6. Mai Primetime um 21.20 Uhr spielen, "da wir an das Format glauben".

"Champions-League-Effekt"

Dass zuletzt auch die Quotenentwicklung nach unten zeigte, beunruhigt die ATV-Verantwortlichen nicht. Beim Publikum ab zwölf Jahren fiel der Sender jüngst hinter den direkten Konkurrenten Puls 4 zurück. ATV musste im März beim Gesamtmarktanteil gegenüber dem Vorjahr einen Rückgang von etwa zehn Prozent hinnehmen und erreichte 3 Prozent. Im April landete der Sender bis Anfang dieser Woche bei 2,9 Prozent nach 3,3 im Vorjahr. Puls 4 lag bis dahin bei 3,9 Prozent. "Das ist nur der Champions-League-Effekt diesen Monat", so Gastinger. "Auch im April 2013 haben wir uns mit Puls 4 gematcht, danach waren wir wieder den Rest des Jahres, also elf Monate lang, absoluter und klarer österreichischer Marktführer in der Hauptzielgruppe der Seher zwischen 12 und 49 Jahren. Und nur zur Erklärung: In der von uns vermarkteten Kernzeit zwischen 13.00 und 01.00 Uhr reden wir in diesem Monat von einem Abstand von 0,05 Prozent."

Auch ATV-Eigentümer Herbert Kloiber stellte klar, dass sein Sender ganz andere Zielgruppen im Fokus habe. "Bis inklusive März liegt ATV in der für uns einzig wirtschaftlich relevanten Zone 12 bis 49 Jahre zwischen 13.00 Uhr und 01.00 Uhr vor Puls-TV", so Kloiber. Geschäftsführer Gastinger sieht das Match mit Puls denn auch weiter offen. "In Österreich herrscht am Markt großes Gedränge und wir behaupten uns bestens. In der von uns vermarkteten Zeitzone konnte uns Puls 4 im vergangenen Jahr nicht annähernd das Wasser reichen. Wir lagen hier teilweise um bis zu 60 Prozent vor ihnen, in diesem Monat gleichauf. Das ist eben der punktuell wirkende Champions-League-Effekt, der bei Puls 4 für einen kurzen Quotenausschlag gut ist. Wenn die Champions League vorbei ist, schaut alles wieder ganz anders aus."

Neue Informationssendungen geplant

Das sich ATV aufgrund knapper Budgets langsam aus der Information zurückzieht, sieht Gastinger nicht. "ATV macht sehr erfolgreiche Nachrichten- und Informationssendungen und das werden wir auch weiterhin tun. Wir wollen immer am Puls der Zeit sein und deshalb ist es normal, dass man nach fünf Jahren auch mal eine Sendung wie 'Am Punkt' überholt und schaut, ob diese Art des Talks noch zeitgemäß ist. Wir konzipieren derzeit neue Informationssendungen, die wir im Herbst starten wollen."

Kritik an österreichischer Medienpolitik und RTR

Zu kolportierten Einsparungen und Personalabbau wollte Gastinger keine Angaben machen. "Als Geschäftsführer eines privatwirtschaftlich geführten Unternehmens ist es meine Pflicht, stets auch die Effizienz im Sender zu überprüfen. Wir führen permanent Analysen durch, um das meiste und beste Programm aus unserem Budget zu holen. Unser kompetitiver Markt mit den einstrahlenden deutschen Sendern und dem durch Gebührengelder, Werbefreiheiten und beträchtliche Förderungen gedopten ORF, ist definitiv kein leichtes Spielfeld. Wenn man dann noch bei Mammutprojekten wie 'Wien - Tag & Nacht' seitens der RTR mit keinem Cent gefördert wird, obwohl man Millionen in den Markt pumpt, fällt es doppelt schwer, kreative Ideen umzusetzen."

Kritik an der österreichischen Medienpolitik übt auch Kloiber: "Wie kann es sein, dass der österreichische Steuerzahler über die RTR-Förderung bislang alleine 14,6 Mio. Euro für die Bezuschussung von 10 Staffeln 'Soko Donau' zahlt? - Eine durchaus erfolgreiche Vorabendserie im ZDF. Dies zum Thema 'wir fördern Innovation und die Experimentierfreudigkeit in den österreichischen Medien'." Die Frage, ob Senderchef Gastinger noch das Vertrauen Kloibers hat, ließ der ATV-Eigentümer unterdessen unbeantwortet. Gastinger selbst sieht den Sender jedenfalls nicht in der Krise: "Wir sind angesichts der Marktsituation sehr zufrieden und werden das Publikum weiter bestens unterhalten", sagt der Senderchef. (APA, 30.4.2014)