Im Strafprozess rund um die 2001 pleitegegangene Internet-Firma YLine ging es heute, Mittwoch, im Großen Schwurgerichtssaal des Wiener Landesgerichts wieder um die verschiedenen, letztlich erfolglosen Aktivitäten des Unternehmens. Ex-YLine-Chef Werner Böhm wurde zur Erotik-Schiene des Unternehmens, der Beteiligung an WebLine, befragt. Trotz hoher Erwartungen wurde auch damit kein Geschäft gemacht.

Anklage wegen Untreue

Der Anklagevorwurf lautet auf Untreue im Zusammenhang mit dem Erwerb der WebLine: Diese wurde als Sacheinlage in die YLine eingebracht und mit YLine-Aktien bezahlt. Dafür wurde eine Kapitalerhöhung um 15.085 Stück Aktien zum Preis von je 100 Euro durchgeführt. Der Deal hat laut Anklage zu einem Schaden bei der YLine von mindestens einer Million Euro geführt, da der erworbene 74-Prozent-Anteil an der WebLine viel zu hoch bewertet worden sei. Laut Medienberichten betrieb die WebLine Internet-Services GmbH eine Internetseite, wo gestrippt wurde.

In der Befragung durch Staatsanwalt Alexander Marchart verteidigte der Hauptangeklagte Böhm heute, am fünften Verhandlungstag, das Geschäftskonzept der WebLine: "Mit erotischen Inhalten wollten wir unsere PC-Benutzer dazu bringen, mehr zu surfen und mehr Geld zu zahlen". Die WebLine sei ein "typisches Start-up" mit ambitionierten Leuten und guten Ideen gewesen. Innerhalb kurzer Zeit habe man 4.000 registrierte Benutzer zusammengebracht. Zehn Prozent der Nutzer hätten zahlende Kunden werden sollen, so das Geschäftskonzept. Allgemein gelte im Internet-Business, "von 100 Besuchern einer Seite setzt einer eine Aktion". Die Erwartungen in die WebLine hätten sich allerdings nicht erfüllt, räumte Böhm ein. Schließlich sei man auf Investorensuche gegangen.

Vorwurf: Schaden in Millionenhöhe

Beim Erwerb der deutschen Beteiligung Primus Services, ebenfalls als Sacheinlage gegen junge Aktien, lag der dadurch bei der YLine verursachte Schaden laut Anklage bei rund 20 Mio. Euro. Böhm verteidigte auch diesen Deal, hinter Primus sei der deutsche Handelskonzern Metro gestanden. Die YLine wollte mit der Primus im Internethandel reüssieren. Böhm sieht auch den Abtausch von Sacheinlage gegen YLine-Aktien nicht problematisch: "Der Kaufpreis war die Aktie". In der Kursentwicklung der YLine-Aktie sieht Böhm eine "galoppierende Inflation".

Die 1998 von Werner Böhm als IT.Development gegründete Internet-Firma wurde im Oktober 1999 in YLine umbenannt. Ab November 1999 notierte sie an der Brüsseler Börse Easdaq. Über den Wettbewerb "Börse Star 2000" wollte das Unternehmen Österreichs größter Online-Broker werden. In seinem kurzen Börsenleben ging der Aktienkurs hinauf und hinunter: Ihr Rekordhoch hatte die YLine-Aktie im März 2000 mit 278 Euro erreicht. Kurz vor dem Konkurs im September 2001 war die YLine-Aktie nur noch 60 Cent wert.

Prämie an Vorstandsdirektorin verteidigt

Böhm verteidigte heute auch eine Prämie an eine mitangeklagte frühere YLine-Vorstandsdirektorin. Diese erhielt im Jahr 2000 eine Million Schilling (72.672,8 Euro) als Prämie. Die Zahlung sei gerechtfertigt gewesen, da gewisse Unternehmensziele erreicht wurden, so der Hauptangeklagte heute. Er selber hatte sich eine Prämie von zwei Millionen Schilling von der YLine auszahlen lassen. Die Anklage sieht darin ungerechtfertigte Prämienauszahlungen.

Auch Zahlungen an eine frühere YLine-Mitarbeiterin, die mit dem verheirateten Böhm ein Verhältnis hatte und ein Kind bekam, kamen heute im Prozess zur Sprache. Er habe private und berufliche Zahlungen immer auseinandergehalten, so der Hauptangeklagte. Die Anklage wirft Böhm vor, aus Firmengeldern Zahlungen an die Frau geleistet zu haben. Böhm verteidigte sich damit, dass den Zahlungen auch Leistungen der damaligen Mitarbeiterin gegenüber gestanden seien. Sie habe sich um die Pressearbeit der Firma gekümmert.

Gegen den Sachverständigen Werner Hallas wurde heute erneut von einem Verteidiger ein Befangenheitsantrag eingebracht. Staatsanwalt Marchart sprach sich dagegen aus. Die Verhandlung wurde von Richterin Marion Zöllner auf Dienstag vertagt. (APA, 30.4.2014)