Wien - Für den nächsten Chef des ORF-Stiftungsrats läuft es offenbar rund auf dem Küniglberg: Vor kaum einem Jahr wollte Casinos-Austria-Vorstand Dietmar Hoscher nicht Rapid-Präsident werden. Begründung: Wegen der "Vielfalt der Problemstellungen" dort könne man das nicht nebenbei.

Kommenden Mittwoch soll Hoscher, der auf dem SPÖ-Parteimandat im höchsten ORF-Gremium sitzt, den Vorsitz im Stiftungsrat übernehmen und Brigitte Kulovits (Burgenland, Arbeiterkammer) ablösen. Das wurde den roten Stiftungsräten "verkündet", sagt ein Ohrenzeuge. Und zwar von Medizinuni-Vizerektorin und Ö1-Radiodoktor-Moderatorin Karin Gutierrez-Lobos. Die "verkündete" in derselben Sitzung des roten "Freundeskreises" Hoscher als neue SP-Fraktionsvorsitzende der Roten im Stiftungsrat. 

Anstehende Problemstellungen

Zu Rapid ließ Hoscher im Juni 2013 per Aussendung verlauten: "Die Vielfalt der anstehenden Problemstellungen des SK Rapid, wie Modernisierung der Strukturen, Erreichen planbarer wirtschaftlicher Stabilität, Umgang mit Mitgliedern und Fans sowie die zukunftsweisende Stadionfrage erfordern vom künftigen Präsidium einen derart hohen zeitlichen Aufwand, dass dieser 'nebenbei' nicht bewältigbar ist, dazu ist der SK Rapid zu wichtig." Seine Tätigkeit als Vorstandsmitglied eines weltweit agierenden Konzerns "lässt diese Zeitbelastung, die mir nach intensivem Studium der erwähnten Problemstellungen als notwendig erscheint, um den SK Rapid in die richtigen Bahnen zu lenken und langfristig abzusichern, leider - schweren Herzens - nicht zu". Es wäre unseriös und unfair gegenüber dem SK Rapid, so Hoscher, dieses ehrenvolle und anspruchsvolle Amt anzustreben und nicht die dafür nötige Zeit aufwenden zu können. Leider sei das Ausmaß der zu bewältigenden Fragen erst durch Unterlagen, die in den letzten Wochen vorgelegt wurden, klar geworden.

News-Zentrum

Hoscher war schon die vergangenen Jahre Mitglied des ORF-Stiftungsrates. Die Mitglieder dieses Gremiums haben Zugang zu recht umfangreichen Informationen über die Lage Medienkonzens. Ebenso über anstehende Problemstellungen wie dem Umbau des Küniglbergs zur alleinigen, hoffentlich zukunftsweisenden Wiener ORF-Zentrale, die noch der alte Stiftungsrat beschlossen hat, der neue aber begleiten und kontrollieren muss. Auch zur damit einhergehenden Modernisierung der Strukturen mit einem gemeinsamen News-Zentrum für alle ORF-Medien. Umgang mit Gebührenzahlern und Fans lässt sich auch beim ORF-Stiftungsratschef nicht ausschließen.

1:1 lässt sich die Funktion des Rapid-Präsidenten aber nicht vergleichen mit dem Vorsitz des Stiftungsrats im weitaus größten österreichischen Medienunternehmen, das im Jahr rund eine Milliarde Euro einnimmt, fast zwei Drittel davon mit den verpflichtenden Programmentgelten des Publikums. Der ORF-Stiftungsrat entscheidet über das Management dieses Medienriesen, über seine Budgets, die Programmschemata und große Investitionen. Das Rapid-Präsidium führt laut Satzung insbesondere die Geschäfte des Vereins, erstellt Budgets und nimmt etwa auch Gesellschafteraufgaben bei Beteiligungen wahr. Die operativen Geschäfte kann das Präsidium aber laut Satzung delegieren und tut das auch. (fid, DER STANDARD, 2.5.2014)