Wien - Wie schon in den letzten zwei Saisonen erinnerte die Wiener Singakademie (aktueller künstlerischer Leiter: Heinz Ferlesch) auch in dieser an ihren ehemaligen Kurzzeit-Chordirektor Johannes Brahms. Im Konzert mit dem ORF Radio-Symphonieorchester Wien unter der Leitung von Cornelius Meister wurden zwei wundervolle Sängerinnen als Solistinnen für diesen dritten Brahms-Gang aufgeboten: Sylvia Schwartz und Elisabeth Kulman.

Beide waren großartig. Schwartz duettierte in der ersten Arie von Mendelssohns Der 42. Psalm mit der Oboe; ihr glänzender, konzentrierter, schwebender Sopran harmonierte mit dem Soloinstrument auf ideale Weise. Nach einer von Meister und dem RSO Wien in dunklen Farben und mit schicksalsschwerer Wucht präsentierten Orchestereinleitung hatte Kulman in Brahms' Rhapsodie op. 53 allein und singend die von Goethe formulierte Frage "Aber abseits wer ist's?" zu stellen. Die Mezzosopranistin tat es beknienswert souverän.

Bei Brahms' eingangs präsentierter Akademischer Festouvertüre hatte das RSO qualitativ noch Luft nach oben gelassen, bei Mendelssohn Bartholdys Konzertouvertüre Meeresstille und glückliche Fahrt jedoch mit Verve und Spannung erfrischt. Es ist immer eine Freude, Meister dirigieren zu sehen, so anschaulich, präzise und elegant, wie der 34-Jährige das musikalische Geschehen umsetzt.

Höhepunkt war dann das finale Schicksalslied von Johannes Brahms: so innig und intim, so zart und blühend, dass es dem irdischen Publikum einige Minuten göttlichen Lebens auf Erden möglich machte. (Stefan Ender, DER STANDARD, 3./4.5.2014)