Aron Pilhofer, Direktor Digitalstrategie bei der New York Times und seit Jahren Teilnehmer bei diesem Branchentreff in Umbrien, ist davon überzeugt, dass Datenjournalismus "Teamsport ist". Es reiche nicht mehr, wenn es einfach eine interaktive Grafik zu einem Text gebe. "Geschichte, Grafik, Video, all das muss organisch zusammenfinden und in einer journalistischen Darstellung integriert werden."

Im Aufbau ist auch das Datenjournalismus-Team der Neuen Zürcher Zeitung, wie Sylke Gruhnwald berichtete. Die Zusammenarbeit zwischen Journalisten, Programmierern und Grafikern werde immer wichtiger. Die NZZ habe dafür auch neue Stellen geschaffen, im Sommer solle das Interactive-News-Team seine Arbeit aufnehmen. Der nächste Schritt sei, sich auf die mobile Verbreitung einzustellen. "Wir sind noch immer zu sehr Desktop-getrieben", sagte Gruhnwald.

Auch als freie Journalistin kann man Datenjournalismus betreiben. Man müsse Daten finden, mit einem Programmierer aufbereiten und als Gesamtpaket Redaktionen anbieten, erklärte Mar Cabra, die in Spanien diesen Weg geht. Das Verhandeln über den Preis für diese Arbeit sei aber nicht einfach, weil in den Redaktionen nur ein fixes Schema für Texte, basierend auf Zeilen oder Zeichen, existiere. Für größere Projekte, etwa die Aufbereitung von Ausgaben für die Entwicklungshilfe, sei man auf die Unterstützung von Stiftungen oder Ausbildungsgelder angewiesen.

Viele praktische Beispiele aus Afrika hatte der Medienberater Justin Arenstein nach Perugia mitgebracht, die zum Teil auch mit Geldern aus Stiftungen ermöglicht worden sind. Arenstein baute 94 Digitalprojekte auf dem Kontinent auf. So gibt es grafisch aufbereitete Informationen über verschmutzte Wasserstellen. Auf Star Health können Informationen über Ärzte in Südafrika und Nigeria eingeholt werden, welche Ausbildung diese haben, mit welchen Kosten für Behandlungen zu rechnen seien. Das Projekt Gotovote, bei dem Bürger ihre Wahllokale in Kenia finden können, soll nun auch in andere Länder exportiert werden.

In Lateinamerika versucht Mariana Santos mit Hilfe der Knight Foundation insbesondere Frauen dazu zu bringen, in Datenjournalismus einzusteigen. "Als ich noch beim Guardian gearbeitet habe, da waren auch nur wenige Frauen, in Lateinamerika ist der Frauenanteil noch geringer, obwohl viele im Journalismus arbeiten." Mit ihrer Initiative Chicas poderosas versucht sie, vor allem Journalistinnen in diesem Bereich auszubilden. Bei La Nacion in Buenos Aires läuft bereits ein Datenprojekt, das eine Frau leitet: 34.000 Dokumente wurden ausgewertet, 50 Journalisten und Mitarbeiter von NGOs haben daran gearbeitet, die Ausgaben des argentinischen Senats zwischen 2004 und 2012 zu analysieren. Der Aufwand habe sich gelohnt, berichtete Momi Peralta. Einige Skandale, wie etwa der Senat mit öffentlichem Geld umgeht, wurden aufgedeckt. Mitgeholfen hätten auch Leserinnen und Leser, da Daten online gestellt und um Mithilfe gebeten wurde.

Auf die Einbindung der Benutzer setzt auch Martin Belam, der für Trinity Mirror – das Medienunternehmen gibt u.a. den Daily Mirror heraus - mit vier Kollegen Datenjournalismus betreibt und UsVsTh3m aufgebaut hat. So kann man sehen, wie viel ein Spitzenfußballer und der Premierminister pro Minute verdient, dann kann man sein eigenes Gehalt einsetzen, um einen Vergleich zu bekommen. "Es ist viel einfacher, so etwas zu machen, als die Arbeitslosenzahlen aufzubereiten", sagte Belam. Er setzt sehr stark auf soziale Netzwerke, die Anregungen für Geschichten böten. Als im Netz die Runde machte, es würde in der Londoner U-Bahn ohnehin nur noch Russisch gesprochen, habe man sofort eine Live-Reportage macht. Einen Live-Fakten-Check während TV-Debatten, der via Twitter verbreitet wird, wolle man als nächstes aufbauen.

Auch soziale Medien seien als Nachrichtenquelle unerlässlich, meint Andy Carvin von First Look Media, wo auch der Snowden-Interviewer Glenn Greenwald arbeitet. Man müsse aber die Fähigkeiten, die es im Newsroom gebe, einsetzen, um zu verhindern, dass Falschmeldungen sofort über den TV-Schirm oder online gehen. Dies sei etwa nach den Boston-Anschlägen geschehen, als fälschlicherweise Medien ein über soziale Netzwerke gestreute Meldung weiter verbreiteten über einen Mann, der dann nicht der Attentäter war. (Alexandra Föderl-Schmid, derStandard.at, 3.5.2014)