So dumm wie einige Mitbewerber der Neos die Aussagen der EU-Kandidatin Angelika Mlinar in der ORF-Pressestunde eingeschätzt haben, waren sie nicht. Denn darin verbarg sich ein programmatisches Konzept: Die EU als Verdoppelung der USA.

Außen- und sicherheitspolitisch focht sie für die rasche Bildung einer Europa-Armee, die in Ansätzen in Form der "battle-groups" bereits existiert. Realisierbar wäre sie aber nur, wenn sich die EU aus einem Staatenbund in einen Bundesstaat verwandeln würde. Wie die Vereinigten Staaten eben.

Auch die Mlinar-Skizze der gesellschaftspolitischen Konstruktion der EU ist amerikanisch geprägt. Zum Beispiel mit der Forderung nach einer Privatisierung des Gesundheitswesens. Abgesehen vom Grundeinwand, dass man in diesem Fall von der Gleichbehandlung aller Patienten Abschied nehmen würde: Die Kostenexplosion in den Spitälern hängt vor allem auch mit den teuren Apparaturen zusammen, deren Finanzierung nur mit dem herrschenden System zu bewältigen ist.

Ähnlich die Idee der Privatisierung des Wassers – es gibt zahllose Belege, wohin das führen würde. Einzig beim Müll ist die Debattenlage unentschieden – ohne den Einwand allerdings, dass die italienische Mafia beim Fehlen einer effizienten Kontrolle durch staatliche Behörden wohl bald auch den österreichischen (privatisierten) Müll  und vor allem seine Beseitigung illegal nützen würde.

Zu fragen ist, ob Mlinar auch den Wiener Gemeindebau privatisieren und den sozialen Wohnbau abschaffen möchte.  Die Tendenz ist freilich eindeutig. Sie will die Pfade des Sozialstaates, den  Barack Obama gerade mit "Obamacare" der US-Gesellschaft einhauchen will, verlassen.

Die Neos müßten erklären, ob Mlinars Position auch die der Parteiführung ist. (Gerfried Sperl, 5.5.2014, derStandard.at)