Bild nicht mehr verfügbar.

Für den Verstoß gegen die Apple-Patente auf "Slide to Unlock" sowie die automatische Verlinkung von Inhalten wie Telefonnummern oder Adressen wurde Samsung zu einem dreistelligen Millionenbetrag verurteilt. Ein großer Sieg für Apple ist das Verdikt aber nicht.

Foto: KIM HONG-JI / REUTERS

Es sieht eigentlich nach einem eindeutigen Ergebnis aus: Eine aus acht Personen bestehende Jury hat Samsung am Freitag im Patentstreit mit Apple zu einer Schadenersatzzahlung von knapp 120 Millionen US-Dollar verurteilt. Eventuell könnte es sogar noch etwas mehr werden, da die Jury bei der Berechnung des Schadensersatzes gepatzt hat. Aber substantiell wird sich zumindest in dieser Runde des Rechtsstreits nicht mehr viel ändern. Samsung hat zwar auch einen Teilpunkt seiner Gegenklage gewonnen, aber dafür nur 158.000 US-Dollar zugesprochen bekommen.

Bruchteil

Und doch wird das Ergebnis in der Apple-Zentrale im kalifornischen Cupertino wohl nur auf begrenzte Begeisterung gestoßen sein. Dies hat vor allem einen Grund: Der zugesprochene Schadenersatz ist weit unter dem, was das Unternehmen eigentlich gefordert hatte. 2,2 Milliarden US-Dollar wollte man, nicht einmal ein Zehntel davon wird man schlussendlich erhalten - wie immer mit dem Vorbehalt, dass das Urteil noch nicht rechtskräftig ist.

Portokassa

Ein Betrag, den Samsung zwar sicher nicht gerne zahlen wird, aber schlussendlich leicht verkraften kann. Und das heißt auch: Sollte es tatsächlich Samsungs primäre Produktstrategie gewesen sein, Apple zu kopieren - wie der iPhone-Hersteller nicht müde zu betonen wird - so ist diese aufgegangen. Die bisherigen Schadenersatzzahlungen sind ein Klacks im Vergleich zu den mit der Smartphonesparte erzielten Einnahmen. Eine Abschreckung für weitere eventuelle Nachahmer findet also nicht statt. Mal ganz abgesehen davon, dass aufgrund der langsamen Mühlen des US-Justizsystems ohnehin nur mehr Geräte von dem Urteil betroffen, die aktuell nicht mehr verkauft werden.

Imageschaden

Auf der anderen Seite fügt der Rechtsstreit beiden Unternehmen einen nicht zu unterschätzenden Imageschaden bei. Bei jedem Bericht über den Patenstreit flammt die Diskussion über den Wert von umstrittenen Patenten wie "Slide to Unlock" wieder neu auf. Selbst viele Apple-Nutzer können der Patentierbarkeit solch trivialer Vorgänge nicht viel abgewinnen.

Schmutzwäsche

Zudem werden im Verlaufe des Prozesses regelmäßig Firmeninterna ausgegraben, die die Kontrahenten in einem wenig erfreulichen Licht dastehen lassen. Erinnert sei hier an Steve Jobs "heiligen Krieg" gegen Android oder Samsungs Entscheidung den Tod des Apple-Co-Gründers  für eine Marketingkampagne auszunutzen.

Google

Dazu kommt, dass das Urteil bei weitem nicht so eindeutig ist, wie es zunächst den Anschein macht. So sprach die Jury Samsung ausgerechnet in den Bereichen frei, die für Apple besonders interessant gewesen wären: Sowohl das Patent für die "Universelle Suche" als auch jenes zur Hintergrundsynchronisierung wurden als nicht verletzt angesehen. Genau diese zwei Bereiche sind es aber, in denen Google seinen Vertragspartnern einen Schutz gegen Klagen verspricht, und im Fall einer Verurteilung auch finanziell zur Seite stehen muss. Entsprechend hatte sich der Androidhersteller im Verlaufe des Verfahrens gegen diese beiden Punkte stark gemacht - und wie sich nun zeigt mit Erfolg.

Wenig Ansatz

Damit steigt ausgerechnet Google, gegen dessen Android sich Apples Klage indirekt wendet, relativ gut aus. Das Unternehmen muss selbst keinerlei Kosten tragen, vor allem aber sind keine Android-Kernfunktionen von dem Urteil betroffen. Die als Nebeneffekt erhoffte Verunsicherung der Google-Partner bleibt somit aus, auch ein erfolgsversprechender Ansatz für Klagen gegen andere Hersteller ist nicht zu erkennen.

Kein Ende in Sicht

Und doch ist nicht davon auszugehen, dass es sich hierbei um die letzte Runde im Patentstreit zwischen Apple und Samsung gehandelt hat. Der iPhone-Hersteller hat in einer ersten Stellungnahme bereits angekündigt, dass man noch bei rund 50 weiteren Patenten einen Rechtsverstoß von Samsung sieht. Ob all diese wechselseitigen Klagen im Sinne der Konsumenten sind, sei dahingestellt. Zumindest die Anwälte der beiden Unternehmen werden es aber zu schätzen wissen. (Andreas Proschofsky, derStandard.at, 5.5.2014)