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Mögen die Finnanzmittel in Rom und Wien noch so knapp sein, im Stollen bei Steinach in Tirol wird für den Bahntunnel unter dem Brenner unvermindert gebohrt und gesprengt.

Foto: apa/epa/Karl-Josef Hildebrand

Mailand/Wien - "Unnütz" nennt Beppe Grillo von der Fünf-Sterne-Bewegung den Brennerbasistunnel, der sich allein auf italienischer Seite inklusive Zulaufstrecken bis Verona auf Kosten von 63 Milliarden Euro beläuft. Grillo hat am Montag auf seiner Internetseite jene unter Verschluss gehaltene Studie der Medizin-Universität Innsbruck veröffentlicht, in der sich Forscher rund um Professor Peter Lercher mit den gesundheitlichen Auswirkungen der Verkehrsbelastung entlang der Brennerroute beschäftigt hat.

Wie DER STANDARD exklusiv berichtete, sieht Lercher die von Brennerbasistunnelgesellschaft (BBT) erwartete Entlastung bei Lärm- und Schadstoffbelastung kritisch, die positiven Wirkungen des Tunnels seien überschaubar.

"Das größte und teuerste italienische Infrastrukturprojekt wird 63 Milliarden Euro kosten und ist vollkommen sinnlos", wetterte Grillo auf seinem Blog beppegrillo.it und werde deshalb von der Regierung in Rom "in einer Schublade" gehalten. "Wir könnten uns 63 Milliarden Euro ersparen, da dieses Infrastrukturprojekt weder zur Besserung der Gesundheit beitragen, noch den Warenverkehr auf den Autobahnen reduzieren wird", polterte der teils als Komiker auftretende Oppositionspolitiker unter Hinweis auf Verkehrsprognosen, die bis dato nie eingetreten sind.

Zur Erinnerung: Laut den dem Tunnelprojekt zugrunde liegenden Verkehrsprognosen sollte das Güteraufkommen auf der Brennerautobahn (A13 in Österreich und A22 in Italien) bereits 2012 auf 41 Millionen Tonnen anschwellen und durch den BBT auf 32 reduziert werden. Tatsächlich wurden 2009 auf der Straße nur 26 Mio. Tonnen transportiert.

Die Mobilmachung gegen den Tunnel beschränkt sich bis dato nur auf Grillos Fünf-Sterne-Bewegung. Die europakritische M5s ist allerdings die stärkste Einzelpartei im Parlament in Rom und laut Umfragen im Aufwind. Bei den EU-Wahlen am 25. Mai könnte sie in Italien über 27 Prozent der Stimmen erhalten.

Im Verkehrsministerium in Rom lässt man sich davon nicht irritieren. "Das BBT-Projekt hat weiterhin Priorität", tönte der Pressechef von Verkehrsminister Maurizio Lupi, Ubaldo Casotto auf Anfrage des STANDARD. Grillo sei gegen alles, auch gegen den Ausbau der Strecke Turin-Lyon. Auch zu diesem Projekt gebe es kritische Erhebungen von Universitäten. Daher sei die eine Studie aus Innsbruck nicht ausschlaggebend.

Was die Milliarden für den BBT betrifft, verhält sich die der Eurokrise soeben entkommene Regierung in Rom ähnlich optimistisch wie die in Wien: "Die finanziellen Mittel für den BBT werden gefunden werden", versicherte Casotto.

In der Studie, deren Kurzfassung 993 Seiten umfasst, werden die Wirkungen des BBT relativiert: Entlastet würden in erster Linie Anwohner der bestehenden Eisenbahn über den Brenner, und zwar von nächtlichem Lärm. Das freilich nur, wenn künftig oberirdisch keine Güterzüge mehr verkehrten, wofür es jedoch keinerlei Zusage gibt.

Luftschadstoff- und Lärmbelastung entlang der Autobahn hingegen würden kaum signifikante (messbare) Reduktionen erfahren. Der geringe Nutzen rechtfertigt die Kosten des BBT unter keinen Umständen. (tkb, ung, DER STANDARD, 6.5.2014)