Wien - Es ist ein Slogan, der in keiner roten Kampagne fehlen darf: "Steuergerechtigkeit" propagiert die SPÖ vor der Europawahl am 25. Mai. Neben Kampf gegen Steuerbetrug und -wettbewerb fordert sie eine Entlastung von Arbeit auf Kosten der Vermögen - nun eben für die ganze EU.

Was die Kanzlerpartei in 28 Staaten will, hat sie allerdings noch nicht einmal in einem durchgesetzt. Das neue Budget enthält vielerlei Einschnitte, aber keine Spur von einer Vermögenssteuer - sehr zum Unmut der Parteibasis, wie die gut geerdete Abgeordnete Daniela Holzinger berichtet: "Es ist komisch, wenn das Thema nur im Wahlkampf aus der Schublade gezogen wird." Ein "Machtwort" wünscht sich Holzinger vom Regierungschef, um die "schäbige" Blockade der ÖVP zu durchbrechen: "Man darf die Leute nicht mehr länger hinhalten."

Doch dieses will Werner Faymann nicht sprechen. Innerer Friede gilt in der Koalition als oberstes Gebot, was den Kanzler in eine Doppelmühle bringt: Mit der Ruhe in der Regierung steigt die Unruhe in der SPÖ. Beim Parteitag im Herbst könnte, vor allem nach schwacher EU-Wahl, der Deckel vom brodelnden Topf fliegen.

Faymann kennt das. Bei seiner letzten Wiederwahl als SP-Chef im Oktober 2012 kassierte er ein historisch schlechtes Ergebnis, weil ihm das Parteivolk eine ganze Kette vermeintlicher Verfehlungen anlastete. Auch jetzt reiht sich ein Ärgernis an das andere: Den Ruf nach einer Urabstimmung über den Koalitionspakt schmetterte die SP-Spitze ab, um dann im Regierungsprogramm die schlimmen Erwartungen der Basis noch zu unterbieten. Der latente Abwehrkampf gegen einen Hypo-U-Ausschuss löste weiteren Unmut aus, ehe mit den Sparplänen für die Bildung schließlich breite Bestürzung um sich griff.

Das rote Hoffnungsprojekt steht indessen in den Sternen. Während Deutschlands Finanzminister mit 2016 zumindest ein konkretes Datum anpeilt, um die kalte Progression (geringfügig) abzugelten, ist hierzulande nur so viel klar: Ab Juni soll die Steuerreformkommission tagen.

Die Kräfteverhältnisse stünden in der Koalition auf dem Kopf, klagen Genossen. Beispiel: Während die Bauern trotz Sparkurses ihre Strafzahlungen für falsche Flächenangaben als schwarze Klientel selbstverständlich retour bekämen, setze sich die SPÖ nicht einmal im Kleinen durch. Bei der Reform der Grunderwerbsteuer würden Erben entgegen der eigenen Rhetorik weiter geschont.

Auch Markus Vogl hält die Grunderwerbsteuer für eine Chance, Vermögen stärker zu belasten, "aber das ist eine heilige Kuh der ÖVP". Dennoch habe die SPÖ mit Eingriffen bei Managergehältern oder Gruppenbesteuerung zuletzt einiges durchgesetzt, das in Richtung "Millionärssteuer" gehe, sagt der Nationalratsmandatar, doch die Erwartungen reichten angesichts klarer Parteibeschlüsse weiter: "Wir kriegen unsere Leistungen an der Basis oft nicht rüber, besonders bei den Jungen: Die haben wir abgehängt."

Julia Herr, neue Chefin der Sozialistischen Jugend, ist eine, die nicht mehr mitwill. Ihre Forderung an die SPÖ: Raus aus dieser Koalition. (Gerald John, DER STANDARD, 6.5.2014)