Eine Szene, die sich in dieser Saison immer wieder wiederholt hat. Ein Kicker von Wacker Innsbruck ist verzweifelt. In diesem Fall handelt es sich um Lukas Hinterseer.

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Gunsch führt seit August 2013 die Geschäfte.

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Innsbruck/Wien - Da Josef Gunsch "net deppert" ist, hatte der Präsident von Wacker Innsbruck den Plan B längst in der Schublade. Trainer Michael Streiter philosophierte am frühen Sonntagabend nach dem 0:2 gegen Rapid, "dass alles im Leben einen Sinn hat". Und so trugen die Verantwortlichen den vierten Abstieg (zuvor 1979, 2002, 2007) in der an sich ruhmreichen Vereinsgeschichte (zehn Meistertitel) relativ gefasst. Man war darauf vorbereitet, das Unglück hatte sich seit Monaten angekündigt.

"Wir waren sportlich einfach zu schlecht, der Abstand auf Platz neun ist deutlich", sagte Gunsch, der auf den Abgesang in Wien physisch verzichtet hat, am Montag dem Standard. Er lehnte es ab, in eine Depression zu verfallen. "Ich sehe das auch als Chance, es ist ein Neuanfang." Streiter dürfte Trainer, Florian Klausner Sportdirektor bleiben. "Sie sind keine Zauberer, die Geschichte muss aufgearbeitet werden. Auch nach der Trennung von Trainer Roland Kirchler im Winter hat sich zu wenig getan. Es wurde erst viel zu spät besser."

Immerhin steht Wacker wirtschaftlich gefestigt da. Es wurde in erster Instanz die Lizenz erteilt (für oben und unten), das glich nahezu einem Wunder. In den vergangenen fünf Jahren hieß es seitens der Bundesliga zunächst einmal "nein". Gunsch, seine Firma Physiotherm versorgt zumindest Teile der Welt mit Infrarotwärmekabinen, schaffte den Turnaround. "Als Unternehmer habe ich gelernt, dass man nicht mehr ausgeben darf, als man einnimmt. Ich mag keine roten Zahlen." Rapids Trainer Zoran Barisic mochte den Abstieg der Tiroler nicht. "Aber uns trifft wirklich keine Schuld. Schade, wieder ein Traditionsklub mit einem schönen Stadion weniger."

Mit dem Besen

Die Spieler übten Selbstkritik, Verteidiger Christian Schilling sagte: "Jeder muss vor seiner eigenen Haustüre kehren." Lukas Hinterseer wird den Verein sicher verlassen, der deutsche Zweitligist Ingolstadt wird als neuer Arbeitgeber verdächtigt. "Wir haben den Ernst der Lage zu spät erkannt, wir spielten zu oft Remis. Wir dachten, dass wir gar nicht so schlecht sind. Vemutlich hätten wir ab und zu eine richtige Watsche gebraucht." Auch Roman Wallner wird sich umschauen, aufgrund einer Zerrung konnte er gegen Rapid nicht mittun, "Das alles zipft einen an. Es gibt viele Gründe für den Abstieg, jeder ist verantwortlich. Wir konnten keine Siegermentalität entwickeln. Die Admira schaffte das trotz Punkteabzug." Eine kleine Chance auf den Verbleib im Oberhaus gibt es, der Admira wurde die Lizenz ja verweigert. Gunsch: "Ich gehe davon aus, dass sie Unterlagen nachreichen."

Der Kader wird umgebaut. "Die Einkaufspolitik war ja nicht gerade optimal, also muss es Veränderungen geben." Das Budget wird von 6,3 Millionen Euro auf 4,1 reduziert, in der Ersten Liga ist man damit ein Krösus. Den sofortigen Wiederaufstieg fordert der 40-jährige Präsident nicht. "Weil das fahrlässig wäre. Die Beispiele Matterburg und Kapfenberg zeigen, dass es nicht so einfach ist. Sie kamen nach dem Abstieg nicht einmal in die Nähe des Aufstiegs."

"Der Fan will Siege sehen"

Das Land Tirol benötige den Profifußball. "Weil Breitensport ohne Spitzensport nicht funktioniert. Ich glaube, die Politik will eine starke Wacker. Wir sind ja weit und breit der einzige Profiverein." Einen Zuschauereinbruch befürchtet Gunsch in der Zweitklassigkeit nicht unbedingt. "Im Gegenteil, der Fan will Siege sehen. Und nicht nur Niederlagen. Die Gegner heißen halt nicht Red Bull Salzburg, Rapid oder Austria Wien, sondern Austria Lustenau, Horn oder Hartberg." Möglicherweise steigen der LASK und Austria Salzburg aus der Regionalliga auf. "Das wäre interessant."

Als Michael Streiter am Sonntagabend das Hanappi-Stadion verließ, schaute er sich noch einmal um, war quasi doppelt wehmütig. Die mehr als 17.000 Zuschauer hatten sich längst verflüchtigt. Wacker hatte die Ehre, das letzte Pflichtspiel in dieser doch geschichtsträchtigen Hütte bestritten zu haben. Am 6. Juli kommt noch in aller Freundschaft Celtic Glasgow auf Besuch zu Rapid. Danach dürfte das Hanappi abgerissen werden. Streiter: "Hier war immer Fußball pur, ich werde es vermissen. Vielleicht sind wir bei der Eröffnung des neuen Hanappi zurück im Oberhaus." Ob er dann Trainer in Innsbruck ist, weiß Streiter natürlich nicht. "Die Erste Liga ist kein Honiglecken. Aber alles hat seinen Sinn." (Christian Hackl, DER STANDARD, 06.05.2014)