Vom Youtube-Hit zur Jungsozialisten-Chefin: Julia Herr.

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Als Sechzehnjährige hat Julia Herr "eher zufällig" an einem Seminar der Jusos teilgenommen. Damals war sie gleich so begeistert von den jungen Roten, dass sie noch am gleichen Tag Mitglied der Sozialistischen Jugend wurde. Heute, fünf Jahre später, sitzt die Burgenländerin der Organisation vor. Knapp - nämlich mit 54 Prozent - ging die Kampfabstimmung beim Verbandstag in Graz zu ihren Gunsten aus. Mit Julia Herr hat die Sozialistische Jugend nach über 120 Jahren ihres Bestehens den Vorsitz erstmals an eine Frau übergeben.

Dass Herr kampflustig ist, hat sie schon vor ihrer Wahl gezeigt. Im Rahmen eines Bundesparteirates forderte sie den SPÖ-Spitzenkandidaten für die EU-Wahl Eugen Freund auf, Mitglied der SPÖ zu werden. Unterrichtsministerin und Genossin Gabriele Heinisch-Hosek verwies die damalige Gastrednerin harsch von der Bühne. Das Videodokument von Herrs Zusammenstoß mit der Parteispitze wurde auf Youtube zum Hit.

An sie wird sich Heinisch-Hosek nun gewöhnen müssen. Als Vorsitzende der Sozialistischen Jugend ist sie fix in Spitzengremien der Partei vertreten. Die "dringendste Forderung" der Jungsozialisten - nämlich der Austritt aus der großen Koalition - wird die 21-Jährige demnächst im Bundesparteivorstand vortragen. Außerdem haben die SJ-Mitglieder in den SPÖ-Sektionen den Auftrag, "Stimmung für das Aus der großen Koalition zu machen".

Auch an Kritik in den eigenen Reihen spart Herr nicht. Die SJ müsse demokratischer werden, marxistischer und proletarischer. Lehrlinge sollen nicht länger als "eigene Spezies" gesehen werden. Dass der Verbandstag unter Ausschluss der Medien abgehalten wurde, verteidigt Herr. So hätte man Interna nämlich offen diskutieren können. Bundeskanzler Werner Faymann könne diesbezüglich von der Jugendorganisation lernen.

Herr ist nicht nur die erste weibliche, sondern auch die jüngste SJ-Vorsitzende aller Zeiten. Ein Aspekt, den ihr Vorgänger Wolfgang Moitzi als Vorteil sieht. Sie werde "viel frischen Wind" in die SJ bringen, sei "extrem authentisch" und lasse sich trotz ihrer jungen Jahre nicht den Mund verbieten. Aufgewachsen ist Herr in der Gemeinde Sigleß, im Bezirk Mattersburg, zu Hause wurde viel über Politik gesprochen. Der Vater war Gemeinderat für eine Bürgerliste, nicht jedoch bei der SPÖ. Neben ihrem "unglaublich coolen Job" bei der SJ studiert die "begeisterte Leserin" Soziologie an der Universität Wien. (Katrin Burgstaller, DER STANDARD, 6.5.2014)