Der Leiter der Forschungsstelle Österreichisches Deutsch, Rudolf Muhr, übt im Standard vom 15. April Kritik an der sprachlichen Qualität der Pisa-Texte. Muhr beschreibt diese als zu schwer, unzureichend testtheoretisch überprüft und nicht an die hiesigen Sprachverhältnisse angepasst. Der Test, meint er, sei "sprachlich schief".

Pisa ist so konstruiert, dass der Test ein breites Leistungsspektrum abbildet, um die Kompetenzen möglichst aller Schüler differenziert messen zu können. Hierfür ist es notwendig, nicht nur Aufgaben einzusetzen, die Jugendliche nach neun Jahren Schule lösen können sollten, sondern auch schwierigere und leichtere. Betrachtet man die Ergebnisse, dann zeigt sich, dass ein nicht zu vernachlässigender Anteil an Jugendlichen selbst die schwierigsten Pisa-Aufgaben bewältigt. So zählen bei Pisa 2012 sechs Prozent der 15- bis 16-Jährigen zur Spitzengruppe im Lesen. Sie meistern damit schwierige Aufgaben zu Texten, denen Muhr Universitätsniveau zuschreibt. Es gibt demnach eine nicht unerhebliche Anzahl an Jugendlichen, die können, was sie laut Muhr eigentlich noch gar nicht können dürften.

Doch vergleichbar

Entgegen seiner Aussage, dass die Texte bisher nicht auf ihre testtheoretische Stichhaltigkeit überprüft wurden, fußt Pisa auf sehr gründlichen testtheoretischen Analysen. So findet im Jahr vor der eigentlichen Erhebung immer ein Feldtest statt, der genau dazu dient, die Aufgaben nach testtheoretischen Kriterien zu überprüfen. Im Pisa-Haupttest kommen dann nur jene Texte und Aufgaben zum Einsatz, deren testtheoretische Güte und internationale Vergleichbarkeit gegeben ist.

Die internationale Vergleichbarkeit spielt auch bei den nationalen Anpassungen eine wesentliche Rolle. Ebenso wird bei Pisa sehr wohl darauf geachtet, Texte dem hiesigen Sprachgebrauch anzupassen. Die österreichische Übersetzung ist nicht ident mit der deutschen. Bei den Anpassungen muss jedoch immer die internationale Vergleichbarkeit im Auge behalten werden, weshalb Sprachadaptionen nur begründet erfolgen können. Österreich kann sich keine leichteren oder seine eigenen Aufgaben erschaffen - das würde den internationalen Vergleich ad absurdum führen.

Weiters ist richtigzustellen: Es werden nicht 14- bis 15-Jährige getestet, sondern 15- bis 16-Jährige. Nicht nur jeweils ein Sachtext und ein literarischer Text werden verwendet, sondern mehrere Texte unterschiedlicher Art. Darüber hinaus sind die Leseaufgaben nicht in 45 Minuten zu beantworten, sondern es sind pro Arbeitseinheit 30 Minuten vorgesehen. (Silvia Salchegger und Christina Wallner-Paschon, DER STANDARD, 6.5.2014)