Wien - Für Erhaltung des tropischen Regenwalds, werden große Hoffnungen in die Intensivierung der Landwirtschaft gesetzt: Mehr Ertrag soll die Ausweitung der Äcker und Weiden hintanhalten. Es hängt aber auch stark von der Art der Politik in einem Land ab, ob dies tatsächlich die Wälder rettet, zeigt eine Analyse im Fachjournal "PNAS" u.a. von Wissenschaftern der Modul University Vienna.
Die voranschreitende Abholzung ist global weiterhin ein großes Problem. Laut der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) gingen im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrtausends 50 Mio. Hektar Waldflächen verloren. Global gesehen hat sich die jährliche Abholzungsrate zwar verlangsamt (von 0,20 Prozent pro Jahr von 1990 bis 2000 auf 0,13 Prozent von 2000 bis 2010). In Südamerika, wo sich rund ein Fünftel der verbleibenden weltweiten Regenwaldfläche befindet, gingen dagegen in diesen beiden Zeiträumen unverändert jährlich 0,45 Prozent der Waldfläche verloren.
Aus diesem Grund haben Graziano Ceddia und Sabine Sedlacek von der privaten Modul University Vienna gemeinsam mit britischen und spanischen Kollegen Daten aus verschiedenen Quellen über sechs südamerikanische Länder (Bolivien, Brasilien, Kolumbien, Paraguay, Peru und Venezuela) analysiert und die wichtigsten Faktoren für die Ausweitung landwirtschaftlicher Flächen zwischen 1970 und 2006 untersucht. In diesen sechs Ländern liegen immerhin 94 Prozent der tropischen Regenwälder Südamerikas.
"Land sparing" allein kein Garant
"Wenn es darum geht, den tropischen Regenwald oder ganz generell Waldressourcen zu erhalten, kommt oft die Intensivierung der Landwirtschaft als Argument ins Spiel", erklärte Sedlacek. Wenn man durch intensiven Landbau die Ernteerträge steigert, könnte man ja mit weniger Fläche auskommen, lautet das Kalkül, das unter dem Begriff "land sparing" (in etwa "Einsparung von Flächen") diskutiert wird. Doch die Intensivierung der Landwirtschaft alleine garantiert noch lange nicht, dass tatsächlich Land zum Wohle der Natur "eingespart" wird.
"Unsere Ergebnisse legen nahe, dass eine Intensivierung der Landwirtschaft in Verbindung mit guter konventioneller Governance sogar zu einer räumlichen Ausweitung der Landwirtschaft führt", sagte Ceddia. Der Grund dafür sei, das es bei einer als "gut" bewerteten konventionellen Governance - nach Kriterien, wie sie etwa von der Weltbank gemessen werden, also etwa Korruption, Rechtsstaatlichkeit, etc. - sehr wahrscheinlich auch zu sinkenden Kosten für die Umwidmung von Gebieten zu landwirtschaftlichen Flächen komme, etwa durch Förderungen für die Ausweitung wirtschaftlicher Aktivitäten.
Schwachstellen
Sedlacek verweist zudem darauf, dass es trotz Verbesserung von Strukturen auf nationaler Ebene noch Schwachstellen im regionalen und lokalen Bereich geben könne. Deshalb müsse sich ein Staat zusätzlich überlegen, "welche anderen Möglichkeiten er hat, die Hand in Hand mit der klassischen Governance gehen - etwa Unterschutzstellungen von Waldflächen". Nur wenn die Umweltpolitik stark sei, könne die Intensivierung der Landwirtschaft tatsächlich helfen, Land zum Schutz der Natur einzusparen, sagte Ceddia. (APA/red, derStandard.at, 11.05.2014)