Gebrüder Stitch sind Jeansschneider, mit dem Gschupftn Ferdl frönen sie nun auch ihrer Leidenschaft für gepflegtes Jausnen.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Hier das sogenannte Millionärsbrettl inklusive Schneckenkaviar.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Weil die als Gebrüder Stitch bekannten Jeansschneider Moriz Piffl und Mike Lanner ihrem Hunger am liebsten mit einer gepflegten Jause beikommen, gibt es seit vergangener Woche das Heurigenbuffet Zum Gschupftn Ferdl in der Windmühlgasse 20. Das Lokal von Nick Pöschl war bis vergangenes Jahr als Kontrapunkt bekannt, ist aber - bis auf den Schanigarten im Durchhaus des Raimundhofs - nicht wiederzuerkennen.

Eine geflieste Schank mit pixelig gestickter Digitalästhetik (okay, die Beschreibung wird sich erst an Ort und Stelle nachvollziehen lassen) zeugt vom lustvollen Nerd-Fimmel der Initiatoren und will sich so gar nicht in die explizit heimatverliebte sonstige Ausstattung einfügen: aus massiver Eiche gezimmerte Heurigengarnituren etwa, Wurlitzer mit Wienerliedern historischer wie aktueller Provenienz oder die Ausstattung mit entzückenden Vintage-Achtelstumpen und Römerkelchen(!).

Urbaner Müßiggang

In der Hinterzimmerkuchl wartet eine übermalte Zirbenstube aus den 1940ern samt Herrgottswinkerl von Filius de Lacroix auf Entdeckung, heimlicher Höhepunkt dieser nicht nur ironisch gemeinten (gleichwohl unverdächtigen) Heimattümelei ist aber der Schießstand samt Zielwasserdistille im Keller. Da hat jemand viel Spaß gehabt und ein Gefühl dafür, wie sich aus Versatzstücken der Buschenschankhistorie eine Jausenstube für urbanen Müßiggang zimmern lässt.

Die Schneidermeister Piffl und Lanner sind in der luxuriösen Situation, sich als Masterminds und "First Jausner" verstehen zu dürfen: Den täglichen Betrieb werden neben Nick Pöschl als Betreiber Stefan Csiszar als Wirt und Parvin Razavi als Köchin sicherstellen.

Sehr stolz sind sie alle auf den Status des Gschupftn als erste biozertifizierte Buschenschank des Landes, wobei an bio nichts auszusetzen ist - an Zweiterem aber schon: Selbstgekelterter Rebensaft wird hier nämlich nicht ausgeschenkt. Der Hauswein (Grüner Veltliner vom Hofer in Auersthal) um 1,90 Euro das Achtel ist freilich schwer okay, die Flaschenweine geben sich zwischen Jurtschitsch und Schönberger, Fidesser und - na hallo - Gindl (nicht "nur" mit seinem gefeierten Buteo, sondern auch mit dem mehr als gewagten Naturwein-Stinkerl Sol) keine Blöße.

Biozertifiziertes Jausnen

Beim Essen wurden wirklich großartige Produzenten ausfindig gemacht. Die Entscheidung gegen portionsweises Abwiegen (wienerisch) und für Brettljause (steirisch) sollte aus Sicht des lokalen Gastes aber überdacht werden. Hierorts sind selbst Modellhipster es nicht gewohnt, für eine Heurigenplatte bis zu 33 Euro zu zahlen, ohne dafür am Buffet bestimmen zu können, welche Feinheiten sich da in welcher Menge wiederfinden müssen. Zur Beruhigung: Hier ist (siehe Bild links) vom sogenannten Millionärsbrettl inkl. Schneckenkaviar (äh?) die Rede, für Selbstverdiener geht es eh ab 7,90 Euro je Brettl los.

Und Feinheiten werden wahrhaftig geboten: Speziell erwähnen muss man die Pfefferoni von Bubenicek, den Mangalitza-Leberaufstrich von Göltl (pfoah!), die unglaublich köstliche Blunze von Sonnberg, den Bergkäse von Hilkater und den Leberkas aus OÖ - um nichts weniger aber auch auf die frisch und fantastisch gefüllten, gschupftn Erdäpfelkrapfen aus der Küche (speziell Bergkäs/ Erdäpfel und Blunze!) und den Schweinsbraten mit Sauerkraut und Knödel. (Severin Corti, Rondo, DER STANDARD, 9.5.2014)