Brüssel/Wien - Nunmehr zehn Eurostaaten, darunter Österreich, stehen hinter den Bemühungen zur gemeinsamen Einführung einer Finanztransaktionssteuer. In einer gemeinsamen Erklärung, die am Dienstag verbreitet wurde, verschrieben sich die Länder dem Ziel, bis Jahresende einen definitiven Entwurf für die Maßnahme zu haben und sie bis spätestens am 1. Jänner 2016 einzuführen. In Brüssel gab es daran heftige Kritik.

Die Steuer soll den Handel mit Aktien und "einigen Derivaten" - welche muss noch geklärt werden - besteuern. Nach einem vorherigen Vorschlag der EU-Kommission könnte die Abgabe 0,1 Prozent des Transaktionsvolumens ausmachen. Finanzminister Michael Spindelegger (ÖVP) lobte die eine Seite umfassende Brüsseler Erklärung als "Durchbruch" und auch der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble, ebenfalls ein Christdemokrat, wähnt die Steuerinitiative "einen Schritt weiter". Unterstützung erhielten sie auch von Hannes Swoboda, dem Fraktionschef der Sozialdemokraten im EU-Parlament, der von "Fortschritten" sprach.

Spindeleggers Parteikollege Othmar Karas hingegen kritisierte in einer Aussendung die "vergebene Chance" bei dem Treffen. "Das von mir verhandelte Modell liegt seit Monaten am Tisch, das können die Staaten eins zu eins übernehmen und umsetzen", monierte der ÖVP-Spitzenkandidat bei der EU-Wahl.

Slowenien ist raus

Den Vorstoß unterstützen neben Österreich und Deutschland auch Frankreich, Belgien, Estland, Griechenland, Italien, Spanien, Portugal und die Slowakei. Slowenien stellt sich wegen seiner Regierungskrise und den nahenden Wahlen vorerst nicht mehr hinter die Steuer.

Von nordeuropäischen Staaten wie Großbritannien und Schweden gab es erneut Widerstand. Sie werfen den Staaten um Österreich und Deutschland vor, ihre Gespräche hinter verschlossenen Türen zu führen und ihre Erklärung von Dienstag etwa erst fünf Minuten vor Beginn des Treffens der EU-Finanzminister (ECOFIN) verbreitet zu haben. Noch sei zudem völlig unklar, wie sich die künftige Börsensteuer auf den Rest von Europa auswirke. "Wir werden nicht zögern, gegen eine Finanztransaktionssteuer vorzugehen, die Großbritannien oder dem gemeinsamen Markt schadet", sagt der britische Ressortchef George Osborne bei der öffentlichen Sitzung.

Schäuble erwiderte später vor Journalisten, bei der Blockade der "verstärkten Zusammenarbeit" der zehn Staaten würden die Finanzsteuer eben als nationales Recht umsetzen. Spindelegger betonte, es sei wichtig, jenen die das Projekt begraben wollten, mit "Nein" zu antworten.

Kritik gibt es aber auch von linken Gruppen und NGOs, die den Vorstoß als verwässerten Kompromiss bezeichneten. Der Finanzexperte der deutschen Grünen und Attac-Mitbegründer Sven Giegold sagte, es handle sich um keine echte Finanztransaktionssteuer, da sie wesentliche Akteure auf den Märkten ausspare, die mit Derivaten handelten. Seine österreichischen Parteikollegin Ulrike Lunacek sprach von einem "faulen Kompromiss". Der Kandidat des linken Wahlbündnisses "Europa anders", Martin Ehrenhauser, nannte die kurze Erklärung der Finanzminister einen "Wahlkampfgag".

Auch die Umweltorganisation WWF zeigte sich in einer Erklärung enttäuscht über die "enge Ausrichtung" der Steuer, die britische Hilfsorganisation Oxfam warf den Finanzministern vor, ehrgeizigere Forderungen unter den Teppich gekehrt zu haben.

Konkrete Details zur geplanten Finanztransaktionssteuer der zehn EU-Staaten dürften erst nach der Europawahl von 22. bis 25. Mai bekannt werden. Sie dürfte etwa Thema beim nächsten Treffen der EU-Finanzminister im Juni werden. (APA, 6.5.2014)