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Dietmar Hoscher, Casinos-Vorstand und ehemaliger SP-Abgeordneter, soll den ORF-Stiftungsrat leiten. Hier gratuliert ihm Medienminister Josef Ostermayer (li.) zum Professorentitel.
Klagenfurt/Wien – Schon einmal entschied allein der Vorsitzende des Aufsichtsrats die Ablöse des ORF-Generals. Das kann er laut ORF-Gesetz und Geschäftsordnung noch heute. Bei Stimmengleichstand führt jener Kandidat Österreichs größtes Medienunternehmen, für den auch der Chef des Stiftungsrats votiert hat. Um diese mögliche Schlüsselfunktion geht es am Mittwoch auf dem Küniglberg.
15 zu 15 stand es bei den Generalswahlen 1974 im Vorläufer des Stiftungsrats zwischen Gerd Bacher und Otto Oberhammer, den Kanzler und SP-Chef Bruno Kreisky wollte. Der gerade neu bestellte Vorsitzende entschied für Oberhammer.
Mittwoch soll der Stiftungsrat einen neuen Vorsitzenden bestellen: Dietmar Hoscher, 51, Exklubsekretär und -Abgeordneter der SPÖ, Vorstand der Casinos Austria und auf dem Parteimandat im obersten ORF-Gremium. Als "nicht diskutierbare Vorgabe" wurde er dem SP-"Freundeskreis" präsentiert, erklärte die bisherige Vorsitzende Brigitte Kulovits-Rupp. Sie verließ wegen der Partei-"Vorgabe" die SP-Fraktion im Stiftungsrat. Dort steht es damit – bei 35 Räten – 13 zu 13 für SPÖ und ÖVP, die eine Regierungskoalition verbindet.
Das besondere Stimmgewicht des Vorsitzenden verleitet Juristen zu theoretischen Gedankenspielen für die Sitzung am Mittwoch: Die Sitzung beruft noch die bisherige Vorsitzende Kulovits-Rupp ein, sie leitet die Sitzung auch bis zur Wahl des neuen Vorsitzenden. Würde ebenfalls antreten und hätte gleich viele Stimmen wie Hoscher, könnte ihr Stimmgewicht als Vorsitzende die Wahl des nächsten Vorsitzenden entscheiden. Rein theoretisch - denn profunde Rundfunkjuristen erinnern daran, dass die bisherige Vorsitzende eher als eine Art Notarin der Wahl fungiert und ihr hier dieses Vorrecht nicht zukommt. Der neue Vorsitzende habe dieses Recht aber schon bei der Wahl des Stellvertreters
Küberl vorgeschlagen
FPÖ-Stiftungsrat Norbert Steger bringt nun in den "Oberösterreichischen Nachrichten" den unabhängigen Regierungs-Stiftungsrat Franz Küberl als Vorsitzenden ins Spiel. Das tat seine Fraktionskollegin im Publikumsrat zuletzt schon ohne Erfolg in jenem ORF-Gremium.
Als Vize ist weiter Franz Medwenitsch vorgesehen. Medwenitsch war bisher auch Sprecher des VP-Freundeskreises. Dienstagabend wurde bekannt, dass er den Fraktionsvorsitz abgibt: Die bürgerlichen Freunde im Stiftungsrat leitet künftig Thomas Zach, auf dem Parteimandat der ÖVP im obersten ORF-Gremium.
ORF-Chef Alexander Wrabetz, bis Ende 2016 bestellt, hat "keine Wahrnehmungen" von Parteivorgaben. Er sagt: "Als Manager halte ich es mit der Organdisziplin, dass man sich seine Aufsichtsorgane nicht aussucht."
Wie die Organe Generäle aussuchen, erklärte der von Kärnten entsandte Siggi Neuschitzer dem Kärntner Monat: Auch als die FPK noch im Land das Sagen hatte, stimmte er gegen die FP-Linie: "Wrabetz hatte 27 Stimmen sicher und ich wäre einer von drei Stiftungsräten gewesen, die ihn nicht gewählt hätten. Da hätte ich gute Karten gehabt, wenn ich von ihm etwas gebraucht hätte." Der neue, rote Landeschef Peter Kaiser nominierte Neuschitzer wieder für die ORF-Funktion, Neuschitzer erklärt ihm seine Solidarität: "Man muss mit jenen können, die in der Politik das Sagen haben."
Darauf hoffen noch 155 Kulturverbände: Ihre Vertreter erinnerten vor dem Stiftungsrat an ihre Forderungen: 20 Prozent vom ORF-Budget für heimische (Film) Produktion und rund 40 Prozent gesetzliche Mindestquote für Ö-Musik in ORF-Radios. Wrabetz indes wünscht sich einen weiteren ORF-Radiosender für junge Hörer – wie Radiodirektor Karl Amon es schon länger tut. (fid, APA, DER STANDARD, 7.5.2014)