Wien - Rot oder Schwarz heißt es derzeit täglich beim aktuellen von den Casinos Austria gesponserten Gewinnspiel des ORF-Radios Ö3. Im ORF-Stiftungsrat dürfte die Kugel bereits auf Rot gefallen sein, wenn sich das oberste Gremium des Senders am Mittwoch neu konstituiert. Mit dem SPÖ-Parteienvertreter Dietmar Hoscher soll dabei ein "Glücksspieler" zum neuen Stiftungsratsvorsitzenden gewählt werden.

Der 51-jährige studierte Volkswirt ist im Hauptberuf seit 2007 Vorstand der Casinos Austria und hat eine lupenreine SPÖ-Parteikarriere hinter sich. Eine "nicht diskutierbare Vorgabe" der SPÖ-Parteizentrale sei Hoschers Bestellung denn auch, monierte die bisherige ebenfalls der SPÖ nahestehende Stiftungsratsvorsitzende Brigitte Kulovits-Rupp. Das Nachrichtenmagazin "Format" nannte Hoscher bei seiner erstmaligen Entsendung in den ORF-Stiftungsrat vor mehr als zwei Jahren "Faymanns findigen Fädenzieher" und "Fixstern des roten Wien". Hoscher gilt als kommunikativer Netzwerker, hochintelligent, aber auch nachtragend.

Im ORF-Aufsichtsgremium meldete sich der von der Parteizentrale bestellte Casinos-Vorstand immer wieder zu Wort, was offenbar nicht selbstverständlich ist. Er sei ein Profi und Experte was juristische Fragen und die Rahmenbedingungen für den ORF betreffe, und er habe mehr aus einer Managementsicht und weniger durch die Parteibrille agiert, berichten Sitzungsteilnehmer. Hoscher sei politisch gut vernetzt, jeder weiß, wo er stehe, er sei aber kein Apparatschik, auch wenn er mit dem Parteiapparat bestens vertraut ist.

Der am 5. Juni 1962 in Wien geborene und im Gemeindebau aufgewachsene Hoscher war nach dem Studium zunächst als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Ludwig Boltzmann Institut und von 1986 bis 1988 als volkswirtschaftlicher Referent in der Oesterreichischen Nationalbank tätig. Danach erfolgte der Ruf der SPÖ. Hoscher arbeitete zwischen 1989 und 1995 als Klubsekretär im Parlamentsklub und diente dort dem damaligen Abgeordneten und heutigen Notenbankchef Ewald Nowotny. Von 1995 bis 1998 war er Ministersekretär im Finanzministerium. Andreas Staribacher, Viktor Klima und Rudolf Edlinger hießen damals die Finanzminister.

Chef-Lobbyist

1998 wechselte Hoscher ins Management der Casinos Austria und entwickelte sich dort zum Chef-Lobbyisten des staatlichen Glücksspielunternehmens. 2006 soll er in dieser Funktion laut "Format" gerade noch eine von Finanzminister Karl-Heinz Grasser geplante Novelle des Glücksspielgesetzes verhindert haben. Danach stieg Hoscher als Zuständiger für "Public Affairs" in den Casinos-Vorstand auf. Parallel zur Glücksspiel-Karriere ging Hoscher seinen politischen Ambitionen nach. Er werkte nebenbei als Sekretär der Zentralen Kontrollkommission des ÖGB, wurde 1999 in den Bundesrat gewählt und wechselte im Dezember 2002 als SPÖ-Abgeordneter in den Nationalrat. Nach der Nationalratswahl 2006 schied er wieder aus dem Parlament aus.

Hoschers private Leidenschaften sind der Blues und der Fußball. Neben Rot sind vor allem Grün-Weiß die dominierende Farben im Leben Hoschers. Die Wände von Hoschers Büros zieren etliche Fotos aus "St. Hanappi", der Heimstätte des SK Rapid. Hoscher ist nicht nur eingefleischter Fan des Wiener Traditionsvereins, sondern auch Vorsitzender des Rapid-Kuratoriums. Das Glaubensbekenntnis zu Rapid verbindet den künftigen ORF-Stiftungsratsvorsitzenden auch mit ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz. Den ORF-Chef hat Hoscher persönlich als Mitglied für das Rapid-Kuratorium vorgeschlagen.

2009 wäre der Fußballnarr um ein Haar Bundesliga-Präsident geworden, unterlag aber in der entscheidenden Abstimmung Hans Rinner. Ein ähnliches Schicksal erlitt er 2012 im ORF, als es um die Frage ging, wer Niko Pelinka als Leiter des SPÖ-"Freundeskreises" folgen soll. SPÖ-Chef Faymann und seine Bundesgeschäftsführerin Laura Rudas wollten Hoscher, der "Freundeskreis" lehnte nach den Turbulenzen um Pelinka die Vorgabe aus der Partei ab. Diesmal soll die Wahl zum Gremienvorsitzenden aber unter Dach und Fach sein.

Neben dem Fußball hat der SPÖ-Stiftungsrat auch den Blues für sich entdeckt. Seit 2005 leitet er das jährlich in Wien stattfindende Bluesfestival "Vienne Blues Springs" und pflegt diese Vorliebe mit der Internet-Seite "Hoscher's Colours of Blues". Für sein Engagement im Musik- und Literaturbereich erhielt Hoscher Ende April vom für Medien zuständigen Kunst- und Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ) auch den Professor-Titel verliehen. Im Polit-Tiki-Taka um den ORF darf Hoscher nun für Faymann und Ostermayer den Ball flach und vor allem in den eigenen Reihen halten und bei der nächsten planmäßigen Wahl der ORF-Geschäftsführung im Sommer 2016 schließlich die entscheidenden Bälle verteilen. (APA, 6.5.2014)