- Die Nachfrage steigt - vor allem durch die wachsende Konsumentengruppe der über 50-jährigen;
- die Zahlungsbereitschaft für das höchste Gut Gesundheit und für "chirurgische Schönheit" nimmt zu: sieben Mrd. Euro werden allein in Österreich "privat" gezahlt;
- Fortschritte in der Bio-, Nano- und Informationstechnologie sorgen für ungebrochene Innovationsintensität;
- die Deregulierung schreitet voran und schafft Freiräume zur Angebotsdifferenzierung.
Das Problemkind "Gesundheitsvorsorge" kann also ein hoffnungsvolles Wunderkind werden, vorausgesetzt ein Paradigmenwechsel findet statt.
Erstens: Den Patienten als mündigen Kunden behandeln. Der "Aktient" der Zukunft wird nicht bereit sein, im Krankheitsfall die typische Odyssee durch den existierenden Gesundheitsdschungel zu machen, wenn es Alternativen gibt. Die Prozesse müssen daher auf seine Ausgabenbereitschaft und Wohlfühlbedingungen ausgerichtet sein - ausufernde Wartezeiten und kryptische Erläuterungen tragen sicherlich nicht dazu bei.
Zweitens: Mehr Transparenz über Qualität und Kosten, um den Wettbewerb zu entfesseln. Produktivitätssteigerung und Innovationskraft im Gesundheitssystem werden nur dann erreicht, wenn alle Beteiligten zwischen unterschiedlichen Angeboten und Anbietern wählen können. Bewusste Entscheidungen nach rationalen Kriterien oder zielgerichtete Produktentwicklung durch die Leistungsanbieter sind aber ohne Information nicht möglich - beispielsweise über die Kosten alternativer Behandlungswege oder die Verfügbarkeit und Qualität alternativer Anbieter.
Drittens: Kompetenzen über Grenzen hinweg bündeln. Eine Basisversorgung so nah und effizient wie bei Aldi und eine Zusatzversorgung so qualitativ wie bei Meinl ist vielleicht eine kühne Vision.
Sicher ist jedoch: Investitions-und Know-how-intensive Bereiche können nicht mehrfach vorgehalten werden. Ähnlich der Biotech-Cluster sollten sich hier Regionen im internationalen Wettbewerb mit Kompetenz und kritischer Größe profilieren. Gerade für Österreich steckt in der Globalisierung des Gesundheitsmarkts ein großes Potenzial.
Viertens: Umfassende Reformen statt Flickschusterei. Diese kombinieren Leistungsbereinigung, System-und Finanzierungsreform. Die Trennung von Sozial-und Krankheitsrisiko, die Umstellung vom Umlage-auf ein Ansparverfahren sowie die Aufhebung der Lohnbindung sind nur einige Ansatzpunkte zur Sicherung der Finanzierbarkeit. Eine Beschränkung des Staates auf das Gestalten der Rahmenbedingungen und die Überwachung des Erfolgs vereinfacht Strukturen und begrenzt Verwaltungsausgaben.
Unsere Gesellschaft kann es sich nicht erlauben, das Gesundheitssystem vom Fortschritt abzukoppeln, indem sie bei der Neuausrichtung halbherzig vorgeht. Denn: die Zeiten Molières, wo Väter ihre Töchter mit einem Arzt verheirateten, um andauernd und kostenlos medizinisch versorgt zu werden, sind sicherlich vorbei.
Nachlese