Wie könne man nur mit einer Partei zusammenarbeiten wollen, in der es einen Jörg Haider gibt, entrüsten sich nun diverse Grünpolitiker bühnenreif über den Spargelsalat aus der roten Haubenküche. Ist ja gut, andere können dem Gericht ebenfalls nichts abgewinnen, umso weniger, wenn es auch noch mit zittriger Hand serviert wird. Da gibt es die einen, die wirklich Gemeinsamkeiten mit der FPÖ sehen und deshalb kooperieren wollen, und es gibt die anderen, die zwar mit Jörg Haider nur soweit gemein sein wollen, als er für sie den Keil in der Koalition machen soll, was sie immer dann, wenn es wieder einmal nicht funktioniert hat, als endlich gelungene "Entlarvung der FPÖ" ausgeben. Aber Blöße lässt sich nicht mehr entlarven, und wer die FPÖ noch immer für eine Partei mit Konsistenz und Charakter hält, bleibt ihr Stammwähler. Die anderen von einst sind bei der ÖVP, und wenn man sie schon abholen will, müsste man sie dort suchen.

Dass die Grünen die Gelegenheit nützen wollen, sich nun als die einzige Anti-Haider-Gruppierung des Landes zu profilieren, könnte man noch irgendwie verstehen, auch wenn sie gegen das längst einzementierte Gerücht, die SPÖ unter Franz Vranitzky und nur sie hätte Jörg Haider "ausgegrenzt", letztlich kaum eine Chance haben dürften. Dass sie dies tun, sich aber gleichzeitig der Partei, die Haider erst zum Regierungspartner erhoben hat, ständig als Ersatz und Erfüllungsgehilfe andienen, zeugt von einer Doppelbödigkeit, gegen die ein Spargelessen naiv wirkt.

Es waren die Grünen, die sich für eine Koalition mit der Volkspartei überkugelten, und nicht sie haben die Gespräche mit Wolfgang Schüssel abgebrochen, sondern er - nachdem er nie aufgehört hatte, die FPÖ als den idealen Koalitionspartner zu preisen. Als Schüssel längst wieder mit den Blauen im Bett lag, torkelten sie auf der Suche nach dem verlorenen Charme von Schwarz-Grün noch lange traurig durch die politische Landschaft. Während sie sich über die eher patscherten Annäherungsversuche der SPÖ an die Blauen gar nicht genug echauffieren können, hält sie der erneuerte schwarz-blaue Bund nicht davon ab, ihrer Sympathie für die ÖVP zu frönen, und zwar unbeschadet dessen, was sie politisch anstellt.

Gelegentlich nimmt diese Zuneigung fast schon Züge von Hörigkeit an. Kaum erregte Erwin Pröll mit seiner Behauptung bundesweit Heiterkeit, er könne sich der Aufforderungen, in die Hofburg zu übersiedeln, gar nicht mehr erretten, verkündete Madeleine Petrovic, Grüne Klubobfrau im niederösterreichischen Landtag, es sei für sie "keine Frage, dass Erwin Pröll ein tauglicher und geeigneter Kandidat" für das Amt des Bundespräsidenten wäre.

Diese Wahlempfehlung verband sie mit dem fürsorglichen Rat, dass sich der "überaus aktiv im tagespolitischen Geschehen" stehende Landeshauptmann seine persönliche Entscheidung - eine andere liegt ja nicht vor - gut überlegen müsse. Man kann nur hoffen, dass der überaus aktiv im tagespolitischen Geschwätz Stehende die Herzensgüte von Frau Petrovic zu würdigen weiß. Damit sie sich irgendwann einmal auszahlt.

Wenn SPÖ und Grüne von den Wählerinnen und Wählern ernst genommen werden wollen, müssen sie selber ihre Kritik an der schwarz-blauen Regierung ernst nehmen, und das kann nicht bedeuten, dass sie weiterhin jeweils eine der beiden Regierungsfraktionen umschwänzeln, als ginge es nur um ein wenig Taktik und nicht auch um Inhalte. Schüssel bleibt bei seiner Linie - Schüssel, und die FPÖ wird zu ihm stehen, weil ihr Regierungsposten wichtiger sind als "der kleine Mann". Für Parteien, die das ändern wollen, liegen die Konsequenzen auf der Hand. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 23./24.8.2003)