Kigali - Ruanda hat eine jahrhundertealte staatliche Tradition. Das im 15. und 16. Jahrhundert aus dem Norden zugewanderte nilotische Tutsi-Hirtenvolk errichtete ein aristokratisches Herrschaftssystem, in dem die Hutu-Bauernbevölkerung eine untergeordnete Rolle spielte. Die Führungsrolle der Tutsi-Minorität wurde unter deutscher und belgischer Verwaltung durch den geradezu monopolartigen Zugang zum europäischen Bildungswesen festgeschrieben. Ein kurzer historischer Rückblick seit dem Ende des 19. Jahrhunderts:

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  • 1899
  • - Das Königreich Rwanda (Ruanda) wird als Deutsch-Ostafrika annektiert.

  • 1911/12
  • - Die Deutschen schlagen eine Hutu-Rebellion gegen die Tutsi-Herrschaft brutal nieder.

  • 1916
  • - Belgien übernimmt die Kontrolle über das Land sowie das Nachbarreich Burundi (ebenfalls Tutsi-Monarchie) und erhält nach dem Ende des Ersten Weltkriegs für beide Gebiete ein Mandat des Völkerbundes (Territorium Ruanda-Urundi).

  • 1946
  • - Belgien schließt ein Treuhandabkommen mit den Vereinten Nationen für beide Königreiche.

  • 1959
  • - Nach dem Tod des Königs (Mwami) Mutara III. (1931-59) besteigt Kigeri V. den Thron Ruandas. Er stützt sich ausschließlich auf die Tutsi-Oligarchie. Eine Hutu-Revolte führt zu einer Tutsi-Massenflucht. Das belgische Militär greift ein.

  • 1961
  • - Nach dem Wahlsieg der Hutu-Partei "Parmehutu" wird König Kigeri V. für abgesetzt erklärt und die Tutsi-Monarchie abgeschafft.

  • 1962
  • - Unter Präsident Gregoire Kayibanda wird Ruanda als Republik unabhängig. (Burundi bleibt noch mehrere Jahre Monarchie).

  • 1963
  • - Ethnische Zusammenstöße lösen eine neuerliche Tutsi-Flüchtlingswelle nach Uganda, Burundi und Tansania aus.

  • 1973
  • - Präsident Kayibanda wird von einer Offiziersgruppe unter Führung von Armeechef General Juvenal Habyarimana gestürzt, der eine neue Einheitspartei MRND ("Nationalrevolutionäre Entwicklungsbewegung") gründet. 1978, 1983 und 1988 lässt sich Habyarimana jeweils mit mehr als 99 Prozent der Stimmen im Präsidentenamt bestätigen.

  • 1990
  • - Gründung der "Patriotischen Front Ruandas" (FPR) im Exil in Uganda. Die Gründer sind mehrheitlich Tutsi-Flüchtlinge mit engen Verbindungen zur "Nationalen Widerstandsarmee" von Ugandas Staatschef Yoweri Museveni.

  • 1993
  • - Die Regierung Habyarimana und die FPR unterzeichnen im August in Arusha (Tansania) ein Friedensabkommen, das die Rückkehr der Flüchtlinge und die Demokratisierung des politischen Systems vorsieht. Habyarimana widersetzt sich der Umsetzung des Abkommens. Im November nimmt eine UNO-Mission (UNAMIR) die Arbeit auf.

  • 1994
  • - Am 6. April kommt Habyarimana zusammen mit seinem Amtskollegen aus Burundi, Cyprien Ntaryamira, beim Abschuss seines Flugzeugs ums Leben. Unmittelbar danach beginnen Regierungstruppen und Hutu-Milizen mit einem systematischen Ausrottungsfeldzug gegen die Tutsi-Minderheit mit Hunderttausenden von Toten. Die FPR erobert mit Hilfe Ugandas große Teile des Landes und nimmt am 4. Juli 1994 die Hauptstadt Kigali ein. Pasteur Bizimungu, ein Hutu, wird Präsident, der Tutsi Paul Kagame Vizepräsident.

  • 1997/98
  • - Zusammen mit Uganda interveniert Ruanda militärisch zu Gunsten von Rebellen im Osten der Demokratischen Republik Kongo (im Juli 2002 unterzeichnet Ruanda ein Friedensabkommen mit der Regierung des kongolesischen Präsidenten Joseph Kabila).

  • 2000
  • - Präsident Bizimungu wird zum Rücktritt gezwungen und später als Gründer einer Oppositionsgruppe inhaftiert. FPR-Chef Kagame übernimmt das Präsidentenamt. (APA)