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Das blinkende kleine Glücksspiel wird ab 2015 in Wien passé sein. Automaten dürfen dann nur mehr in Kasinos betrieben werden. Für die Stadt bedeutet das weniger Steuereinnahmen.

Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Wien - Auf dem kleinen wackeligen Steg an der Alten Donau war Dienstagmittag ein ordentliches G'riss um Michael Häupl. Aber nicht, weil der Wiener Bürgermeister mit der noch bis Juni amtierenden Wirtschaftskammerpräsidentin Brigitte Jank zur traditionellen Saisoneröffnung ans Wiener Wasser lud. Häupl hatte in einem Interview mit der "Wiener Zeitung" die Aufhebung des ab 2015 geltenden Verbots des kleinen Glücksspiels durchblicken lassen. Am Dienstag dementierte Häupl umgehend. "Dass ich eine Aufweichung fordere, ist eine lächerliche Formulierung."

Der Parteibasisbeschluss von 2011, wonach Spielautomaten außerhalb von Kasinos ab 2015 illegal sind, bleibe aufrecht. "Die kleinen, dunklen Kabäuschen werden aus dem Wiener Stadtbild verschwinden", sagte Häupl dem STANDARD. Die Initiative zum Verbot ging entgegen dem Willen der Parteispitze von der rebellischen SP-Splittergruppe Sektion 8 aus. Dass sich der Beschluss nicht mit Häupls Meinung deckt, verhehlt der Bürgermeister nicht. Im Gegenteil: Das Verbot des kleinen Glücksspiels soll er für einen Irrtum halten. Häupl hätte Automaten außerhalb der Kasinos weiter gerne in Wien gesehen - allerdings mit stärkeren Jugend- und Spielerschutzmaßnahmen.

55 Millionen Euro Steuern

Denn das Verbot des kleinen Glücksspiels heißt auch, dass der Stadt Wien jährlich rund 55 Millionen Euro an Steuereinnahmen durch die Automatenabgabe entgehen. "Das ist bewältigbar", sagt Häupl. "Im Gegensatz zu anderen bin ich auch für die Finanzierung der Beschlüsse verantwortlich." Trotz des Verbots wird es freilich weiterhin legale Slotmachines für Spieler geben: Der Bund hat für den Großraum Wien drei Lizenzen für neue Kasinos ausgeschrieben.

Zwei wird es in der Stadt geben, eines in Niederösterreich. Bisher gibt es in Wien nur eine Spielstätte der Casinos Austria in der Kärntner Straße. Das Finanzministerium will bis zum Sommer die Lizenzen erteilen. In den drei neuen Spielbanken dürften jeweils bis zu 500 Automaten aufgestellt werden. Der finanzielle Nachteil für Häupl: Diese sind dann Bundessache.

Totales Verbot nicht sinnvoll

Statt den etwa 3500 Automaten, die es in Wien für das kleine Glücksspiel gibt, sollen ab 2015 etwa 1500 Stück in Kasinos verfügbar sein. "Völlig ausreichend", sagt der grüne Klubobmann David Ellensohn dem STANDARD. Die Grünen traten schon länger für die Abschaffung des kleinen Glücksspiels ein. Ein totales Verbot sei auch wegen der derzeit kaum kontrollierbaren Spiel- und Wettmöglichkeiten im Internet nicht sinnvoll. "Jeder Wiener kann auch ab 2015 einen Automaten in Kasinos innerhalb von 20 Minuten erreichen. Wer Geld verlieren will, kann das weiterhin tun."

Als großes Problem sieht Ellensohn Sportwettenfilialen, die "in Wien wie Schwammerl aus dem Boden schießen". Ein Abflauen des Trends ist nicht ersichtlich: Sportwetten gelten in Österreich, anders als in Deutschland, als "Geschicklichkeitsspiel". Automatenkasinobetreiber Novomatic führt etwa auch das Tochterunternehmen Admiral Sportwetten.

Erfinderische Spielindustrie

Laut Michael Dressel, Koordinator für Sucht- und Drogenfragen der Stadt Wien, werde nach wie vor "zu wenig" für den Jugend- und Spielerschutz unternommen. "Da sind wir erst am Anfang", sagt Dressel. Denn: "Die Spielindustrie ist erfinderisch, wenn es um die Umgehung von Schutzmaßnahmen geht."

Mehr als ein Drittel der Spielsüchtigen ist bei ihrem "Einstieg" keine 18 Jahre alt, sagt Peter Berger, Leiter der Spielsuchthilfe, dem STANDARD. Finanziert wird die Spielsuchthilfe hauptsächlich von Novomatic und Casinos Austria, aber auch von der Stadt Wien. "Die Stadt könnte viel mehr zahlen", sagt Berger. (David Krutzler, DER STANDARD, 8.5.2014)