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Scheinbar hohle Debatte: Brüssel will beim Unterwasserstück der South-Stream-Pipeline den Zugang Dritter sichern.


Foto: Reuters/Sergei Karpukhin

Sofia/Istanbul - 931 Kilometer Pipeline auf dem Meeresgrund sind ein Problem für die EU-Kommission. So lang wird der teure Unterwasserteil der geplanten Gaspipeline South Stream sein, die in vier Röhren von der russischen zur bulgarischen Küste im Schwarzen Meer geführt wird. Über diese Unterwasserpipeline streitet Brüssel nun mit Sofia. Der Vorwurf der EU-Kommission: Die Bulgaren versuchen, die Pipeline aus der europäischen Gesetzgebung zu nehmen. Der Energiekommissar drohte bereits mit Sanktionen.

Neue Anschuldigungen gegen die regierenden Sozialisten in Sofia hat ein Verbund kleiner rechter und liberaler Parteien erhoben, der sich während der Bürgerproteste im vergangenen Jahr gebildet hatte und als "Reformatorenblock" bei den EU-Wahlen antritt. Die geplante Änderung des Energiegesetzes in Bulgarien mit dem strittigen Passus zur Unterwasserpipeline habe die russische Gasprom geschrieben. Das gehe aus Dokumenten hervor, deren Einsicht der Reformatorenblock beim Energieministerium erzwungen hatte.

"Die Pipeline ist für mich kein Problem, wir wollen sie nicht blockieren, sie hat aber auch keine Priorität", hatte EU-Energiekommissar Günther Oettinger diese Woche im Interview mit dem Standard allgemein zum Projekt South Stream festgestellt. Einwände macht Oettinger jedoch vor allem in der Frage des Zugangs dritter Parteien zur Pipeline geltend - anderer Anbieter, die gemäß dem Dritten Energiepaket der Kommission die Möglichkeit haben müssen, ihr Gas in eine Pipeline einspeisen zu können. Die Definition der "Unterwasserpipeline" im Änderungsantrag zum bulgarischen Energiegesetz widerspricht nach Auffassung der Kommission eben dieser Rechtspflicht zur Öffnung für weitere Anbieter.

"Reiner Unsinn"

Doch dann gibt es noch ein Detail in diesem Streit: Technisch lässt sich 2000 Meter unter dem Meer schwerlich ein Zugang für andere Anbieter zu einer Pipeline bewerkstelligen - drittes Energiepaket hin oder her. "Was soll diese Debatte? Das ist reiner Unsinn", sagt Atanas Tassew, Ingenieur und langjähriger energiepolitischer Berater linker wie rechter bulgarischer Regierungen, dem Standard.

Der sozialistische Parlamentsabgeordnete Jawor Kujumtschijew, der mit für die Änderung des Energiegesetzes verantwortlich ist, verteidigt den neuen Passus mit der Unterwasserpipeline. Eine solche Definition habe es im bulgarischen Gesetz bisher nicht gegeben, sagt er. Ohne sie sei es auch nicht möglich, das South Stream Projekt fortzusetzen. Auch Kujumtschijew versteht die Debatte um den technisch kaum machbaren Zugang zu einer Pipeline, die in solcher Tiefe verläuft, nicht. "Das Schwarze Meer ist nicht EU-Territorium", sagt er zudem im Gespräch mit dem Standard. Dort EU-Gesetzgebung anwenden zu wollen sei unlogisch. An Land werde jedoch jeder, der Gas einspeisen wolle, Zugang zu South Stream haben, versichert Kujumtschijew. Dafür kommen theoretisch der Erdgasproduzent Aserbaidschan, aber auch Unternehmen, die einmal mögliche Gasreserven vor der bulgarischen Küste abbauen könnten, infrage.

Der sozialistische Abgeordnete weist den Vorwurf zurück, die russische Gasprom hätte die Gesetzesänderung geschrieben: "Niemand hat mir etwas diktiert. Niemand hat sich mit mir beraten, außer das bulgarische Energieministerium." (Markus Bernath, DER STANDARD, 10.5.2014)