Etwa eine Woche vor der Volksbefragung zur Wehrpflicht im Jänner vergangenen Jahres erhielten die Bürger von 16 Tiroler Gemeinden einen Brief von ihrem Bürgermeister. "Am 20. Jänner sind wir aufgerufen, über die Zukunft des österreichischen Bundesheeres zu entscheiden", war darin zu lesen. "Bei der Volksbefragung geht es um zwei Modelle: Wehrpflicht und Zivildienst, wie sie sich bewährt haben, oder Berufsheer und bezahltes freiwilliges Sozialjahr. Für mich ist diese Entscheidung leicht und ganz klar: Die Sicherheit der Menschen darf nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden."

Zumindest zwölf dieser Wahlempfehlungen wurden als amtliche Mitteilungen verschickt - in einigen Fällen mit Wappen und Anschrift des Gemeindeamts. Die Staatsanwaltschaft Innsbruck begann deshalb wegen Verdachts auf Amtsmissbrauch und Untreue zu ermitteln. Nun steht zwar fest, dass die Ortschefs den Anschein eines amtlichen Schreibens erweckten, 14 der 16 Ermittlungsverfahren wurden - nach Prüfung des Justizministeriums - dennoch eingestellt.

Bürgermeister wollen nichts gewusst haben

Der Verfassungsgerichtshof hatte im Jahr 2004 im Zusammenhang mit einer Gemeinderatswahl entschieden, dass Wahlwerbung durch Gemeindeorgane, die den Anschein einer amtlichen Aussendung macht, eine unzulässige Einflussnahme auf die Wahlwerbung darstellt und daher rechtswidrig ist. Das gelte ohne Unterschied bei einer Volksbefragung, da der Bürgermeister als Wahlbehörde agiert, argumentiert die Staatsanwaltschaft Innsbruck.

Der Grund, warum es nun trotzdem zu keinem Verfahren kommt: Die Bürgermeister berufen sich darauf, das nicht gewusst zu haben und der Meinung gewesen zu sein, dass diese Regelung nur für Wahlen gelte. Mit Volksbefragungen hätten sie keine Erfahrung gehabt. Das konnte die Staatsanwaltschaft nicht widerlegen. Der Tatbestand des Amtsmissbrauchs ist aber nur dann erfüllt, wenn wider besseres Wissen rechtswidrig gehandelt wurde.

Ein Verfahren ausständig

Briefpapier und Porto hätten die Bürgermeister selbst bezahlt, sodass auch der Tatbestand der Untreue nicht erfüllt ist. Somit wurden die Ermittlungen gegen 14 Bürgermeister eingestellt. Das Verfahren gegen einen Ortschef, der auch Justizbediensteter ist, wurde an die Staatsanwaltschaft Salzburg übertragen. In einem anderen Fall sind die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen. (Katharina Mittelstaedt, derStandard.at, 15.5.2014)