Bild nicht mehr verfügbar.

Narendra Modi, der Sieger der indischen Parlamentswahl.

Foto: Reuters/Dave

Bei seinen Fans genießt er Kultstatus, Wirtschaftsbosse nennen ihn einen "König unter Königen", und die Massen feiern ihn wie einen Erlöser. Seine Gegner halten ihn dagegen für eine Art "indischen Hitler", der eine Hindu-Diktatur installieren will. Kaum ein Politiker spaltet und polarisiert so wie Narendra Modi, der nun Indiens Parlamentswahl haushoch gewonnen hat.

Und kaum einer erscheint so undurchsichtig. Der 63-Jährige mit randloser Brille und weißem Bart stammt aus einer Mittelschichtsfamilie und studierte an der Universität von Gujarat Politikwissenschaft. Im Wahlkampf nutzte er seine eher bescheidene Herkunft, um sich als Gegenbild zur korrupten Elite zu stilisieren, die seit Jahrzehnten das Land ausbeutet.

Angeblich musste der Sohn eines Krämers in seiner Kindheit und Jugend als "chai wallah", Teejunge, jobben, um Geld zu verdienen. Seine politische Heimat fand er mit 21 Jahren im RSS, einer nach faschistischem Vorbild gegründeten Hindu-Kaderschmiede. Dort diente er als "Freiwilliger", wie der RSS die paramilitärischen Hobbykämpfer nennt, und stieg in die höchsten Ebenen auf.

Bis heute folgt er den asketischen Regeln des RSS: Er trinkt nicht, raucht nicht, isst kein Fleisch, lebt allein, macht Yoga und schläft angeblich nur fünf Stunden pro Nacht.

Seine politische Karriere begann, als der RSS ihn Ende der 1980er-Jahre in die rechtskonservative Hindu-Partei BJP, eine Schwesterorganisation, schickte. 2001 wurde er Premier des Bundesstaats Gujarat, der heute wirtschaftlich besser als viele andere Regionen dasteht.

Dort kam es auch zu jenen Massakern, die Modi bis heute anhängen. So wurden während seiner Regierungszeit im Frühjahr 2002 mehr als tausend Menschen niedergemetzelt. Zwar wurde Modi aus Mangel an Beweisen freigesprochen, aber Zweifel bleiben. Bis heute hat er sich nicht für die Massaker entschuldigt.

Auch seine Bekenntnisse zur religiösen Vielfalt klingen halbherzig. Lange wurde er deshalb im Westen geächtet und galt auch für viele Inder als nicht wählbar. Modi arbeitete über die Jahre daran, das Image des Muslimenhassers abzustreifen und sich als Macher und Modernisierer zu präsentieren.

Seinen triumphalen Sieg verdankt Modi nicht zuletzt einer um Personenkult kreisenden Wahlkampagne, wie sie Indien noch nicht gesehen hat. Er sprach bei 347 Wahlauftritten, legte 300.000 Kilometer zurück und war auf Plakaten und im Fernsehen geradezu omnipräsent. (Christine Möllhoff/DER STANDARD, 17.5.2014)