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FIFA-Präsident Blatter hat den Wahlkampf um das Präsidentenamt im Fußball-Weltverband längst eröffnet.

Foto: EPA/WALTER BIERI

Zürich - Mit unverhohlener Kritik an der Katar-WM 2022 und erstaunlich unverschlüsselten Aussagen zu politischer Einflussnahme aus Deutschland und Frankreich hat Joseph Blatter für Aufsehen gesorgt. Die Breitseiten des FIFA-Präsidenten sind aber vermutlich nur Wahlkampfmanöver gegen einen unliebsamen Konkurrenten um den Präsidententhron im Fußball-Weltverband: UEFA-Chef Michel Platini.

"Natürlich war es ein Fehler. Aber wissen Sie, man macht viele Fehler im Leben. Der Technische Bericht zu Katar hat eindeutig gesagt, dass die Temperaturen im Sommer zu hoch sind", sagte Blatter in einem Interview mit dem Schweizer Sender RTS zu der umstrittenen Katar-Kür vor dreieinhalb Jahren.

Wirtschaftliche Einflüsse

Eine mögliche Bestechung der stimmberechtigten Mitglieder des FIFA-Exekutivkomitees durch das Emirat wollte Blatter nicht kommentieren: "Nein, nein, das habe ich nie gesagt." Er stellte jedoch fest, dass es offenbar "politischen Druck" aus Frankreich und Deutschland gegeben habe. "Man weiß gut, dass große Firmen aus Frankreich und Deutschland in Katar arbeiten, aber sie arbeiten nicht nur für die WM. Die WM ist eine relativ kleine Angelegenheit für Katar."

Blatter bestätigte in dem Interview, dass er im Mai 2015 erneut als FIFA-Präsident kandidieren werde - für eine dann fünfte Amtszeit: "Ich habe nicht nur Lust, ich bin entschlossen weiterzumachen." Seine Aussagen zu Katar sind daher auch eine Attacke auf Platini. Der UEFA-Chef hat sich als einziger Fußballfunktionär offen zu seiner Katar-Unterstützung bekannt und gilt als einziger Konkurrent mit einer wenn auch kleinen Restchance, Blatters Wiederwahl zu verhindern.

In der Kritik steht der Franzose wegen seines Treffens mit dem damaligen französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy und dem Emir von Katar kurz vor der WM-Abstimmung im Elysée-Palast. Zudem ist sein Sohn wirtschaftlich in der Golfregion engagiert - wie auch andere nahe Verwandte hoher FIFA-Funktionäre. Sollte die Katar-WM scheitern, wäre Platini als Funktionär massiv beschädigt und im Amt des FIFA-Chefs undenkbar. Blatter hat sich zu seinem Wahlverhalten im Gegensatz zu Platini nie geäußert. Er galt jedoch nicht als Befürworter der Katar-WM.

Mit Ausblick auf die Präsidentschaftswahl 2015 und mögliche Konkurrenz stellte Blatter fest: "Der Marsch zum Thron ist noch nicht eröffnet. Es gibt viele Menschen, die diesen Posten gerne einnehmen würden." Aber: "Es ist heute nicht einfach, eine Organisation mit 300 Millionen Mitgliedern zu führen." Platini hat seine Kandidatur noch nicht verkündet. Der Franzose will offenbar noch das Stimmungsbild beim FIFA-Kongress am 10. und 11. Juni in Sao Paulo abwarten.

Kandidaten-Engpass

Sollte Blatter dort von den Delegierten aus 209 Mitgliedsländern gefeiert werden, ist ein Verzicht des UEFA-Chefs wahrscheinlich. Dem bisher einzigen offiziellen Kandidaten - dem früheren Blatter-Vertrauten Jerome Champagne - werden keine realistischen Chancen eingeräumt.

Angesichts vieler gegenseitig abgefeuerter verbaler Giftpfeile in den vergangenen Monaten klingen Blatters Bemerkungen zu Platinis "wunderbarer Karriere" in dem RTS-Interview fast schon heuchlerisch. Sein früherer "Zögling" habe ihn 1998 sogar als Präsidenten vorgeschlagen, erinnerte der Schweizer an die Zeiten der engen Zusammenarbeit. Auf die Frage, ob Platini einen "Vatermord" begehen werde, antwortete Blatter mit einem Schmunzeln: "Das glaube ich nicht. Er hat einen guten Charakter. Ich kenne seine Eltern, seine Familie." (APA, 16.5.2014)