Wien - Die Mehrheit der Eltern ist mit dem derzeitigen Angebot an Kinderbetreuung alles andere als zufrieden. Ein Drittel wünscht sich nach einer Erhebung der Statistik Austria kürzere Betriebsferien der Kindergärten, bis zu 16 Prozent wollen längere Öffnungszeiten oder überhaupt die Einführung der Nachmittagsbetreuung (siehe Grafik).

Allerdings: Die Erfüllung dieser Wünsche würde Geld kosten, und hier spielen sich Bund und Länder gegenseitig die Verantwortung zu. Familienstaatssekretärin Ursula Haubner (FPÖ) hat einen zusätzlich Bedarf von 90.000 Kinderbetreuungsplätzen konstatiert und will daher die für Kinderbetreuung zuständigen Länder an den runden Tisch laden - zahlen allerdings will der Bund dafür nichts. Dagegen laufen nun die Länder Sturm.

Länder empört

Der steirische Soziallandesrat Kurt Flecker (SPÖ) etwa will den runden Tisch boykottieren, wenn der Bund kein zusätzliches Geld in die Hand nehmen will: "Nur um mit der Frau Haubner zu reden, brauche ich nicht nach Wien fahren." Ähnlich reagierte Fleckers Parteikollege, Wiens Bürgermeister Michael Häupl: Er forderte eine Wiederbelebung der ehemaligen Kindergarten-Milliarde des Bundes, das sei eine "zentrale Voraussetzung", ob Wien am runden Tisch teilnehme oder nicht. Er sei mit der Steiermark höchst solidarisch, zudem gebe es in Wien das breiteste Angebot an Kinderbetreuung.

Der Protest der Ländervertreter begrenzte sich nicht auf die SPÖ: Auf Kärntens Soziallandesrat Gerhard Dörfler (FPÖ) zweifelte die Zahlen Haubners an. "Die stimmen sicher nicht", Änderungsbedarf gebe es nur bei den Öffnungszeiten. Nur Tirols Landesrätin Elisabeth Zanon-zur Nedden, ÖVP-Vizeobfrau, hat Verständnis für die Haltung des Bundes, kein zusätzliches Geld für Kinderbetreuung zu zahlen, schließlich sei Kinderbetreuung Ländersache.

Ruf nach Wirtschaft

Damit liegt Zanon-zur Nedden ganz auf der Linie von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel und Vizekanzler Herbert Haupt. Beide wollen kein zusätzliches Geld für Kinderbetreuung in die Hand nehmen und argumentieren das damit, dass für Kinderbetreuung die Bundesländer zuständig sind. Eine Kompetenzenänderung halten beide für wenig sinnvoll.

Schüssel hat aber einen anderen potenziellen Financier von Kinderbetreuungsplätzen gefunden: "Die Wirtschaft soll sich stärker des Themas annehmen. Sie ist vorrangig gefordert." Auch Haupt hält nichts davon, "dass man immer nach dem Bund schreit".

Auch Bildungsministerin Elisabeth Gehrer sieht sich nicht für mehr Betreuungsplätze für Schulkinder oder für mehr Ganztagsschulen zuständig. Für den Pflichtschulbereich seien die Kommunen als Schulerhalter zuständig. Laut Haubner fehlen vor allem für Schulkinder Betreuungsplätze.

Auch die Familiensprecherin der ÖVP, Ridi Steibl, delegierte de Verantwortung an die Länder: Sie forderte sie auf, mehr KindergärnterInnen einzustellen. Ihre Argumentation: Früher mussten die Länder Karenzgeld für landesbedienstete selbst bezahlen, nun finanziert der Bund über den Familienfonds auch das Kindergeld für Landesbedienstete. Daher hätten die Länder zusätzliches Geld zur Verfügung und sollten das in Kinderbetreuung investieren. (eli)