Wien - Die Hefte und Stifte sind großteils schon in der neuen Schultasche, die rund 16.000 Wiener Taferlklassler sind voll Vorfreude oder Bangen - je nach dem wie sie den beginnenden "Ernst des Lebens" empfinden.

Die Qual der Wahl, in welche Schule sie geschickt werden, haben ihre Eltern großteils schon im Frühjahr bei der Anmeldung hinter sich gebracht: "normale" Volksschule, Integrationsklasse, oder Schulen, in denen zweisprachig unterrichtet wird. Vor allem für Alternativpädagogik nach Montessori oder Waldorf interessieren sich viele Eltern. Bei der zentralen Anmeldung im Frühjahr versucht man seitens der Behörden sogar zu berücksichtigen, wenn die Tochter mit ihrer besten Freundin aus dem Kindergarten in dieselbe Klasse gehen will. Das Angebot an den insgesamt 700 Wiener Schulen aller Typen für insgesamt 200.000 Schüler ist vielfältig.

Dennoch ist vielen Eltern zum Heulen zumute, weil ihre Wünsche nicht erfüllt werden können. Schwierig ist die Situation etwa in Floridsdorf oder in der Donaustadt.

Nicht alles erfüllbar

Diese beiden Bezirke jenseits der Donau haben sich viele Jungfamilien in den letzten Jahren als Wohnort ausgesucht. Das Problem: Es gibt nicht immer genug Schulplätze. Schon im Februar hat die Direktorin der AHS-Heustadelgasse knapp 150 Briefe mit Absagen verschicken müssen, doppelt so viele Anmeldungen gab es. Ähnlich ging es Eltern, die in der AHS-Polgarstraße ihre Kinder zum Unterricht angemeldet hatten. Dort mussten fast eben so viele abgelehnt werden. Hauptschulen lehnen wiederum Eltern als Alternative zur AHS ab.

Nicht erfüllt werden auch die Wünsche einzelner Eltern, die ihre Kinder in die mehrstufige Integrationsklasse in der Offenen Volksschule Kleistgasse (Bezirk Landstraße) schicken wollten. Der Schulversuch wird aufgelöst, keine Erstklassler daher mehr aufgenommen. Pech für die Eltern: Im Frühjahr zu Anmeldebeginn war davon noch nicht die Rede.

Schulversuch gestoppt

In diesem Schulversuch, der an mehreren Schulen in Wien durchgeführt wird, werden behinderte und nichtbehinderte Kinder von der 1. bis zur 4. Stufe gemeinsam unterrichtet. Den Eltern wurde nun angeboten, eine der beiden "normalen" Volksschulklassen für ihre Kinder zu wählen oder sie in andere Volksschulen zu schicken. Seitens des Stadtschulrates erklärt Wolfgang Gröpel, dass in der Kleistgasse "eine Sonderkonstellation" eingetreten sei: Zu viele Kinder mit Sonderförderbedarf seien in den Klassen, weil viele Eltern "ihr Heil für lernschwache Kinder in Reformmodellen suchen". Da jedes behinderte Kind für die Klassenschülerhöchstzahl doppelt zähle, könnten weniger andere Kinder aufgenommen werden. Es sei nicht möglich, mehr, als die drei Lehrer pro Klasse bereitzustellen. In der Kleistgasse könnten nichtbehinderte Kinder nach dem "normalen" Lehrplan schon nicht mehr unterrichtet werden, was für deren weiteren Schulweg nicht förderlich sei.

Seitens der Eltern ist Alexandra Millonig erbost: Sie akzeptiere dieses Argument nicht und glaubt ebenso wie die Grünen, dass in Wirklichkeit auf Kosten der Kinder gespart werde. Bis dato hat sie für ihren Sohn noch keinen anderen Schulplatz und hofft, dass die Mehrstufenklasse doch noch weitergeführt wird. (Andrea Waldbrunner/DER STANDARD, Printausgabe, 28.8.2003)