Jene Teens und Twens, die heute in Clubs bei lauter Musik den potenziellen Müttern und Vätern ihrer künftigen Kinder nachjagen, werden es noch erleben: Menschen aus allen Teilen der Welt und in bestem arbeitsfähigem Alter dürften auf mittlere Sicht gesuchte Objekte der Begierde auf Europas Arbeitsmärkten sein, ganz besonders die gut ausgebildeten.

Ob die dann aber noch bereit sein werden, nach Österreich oder Italien zu gehen, wo ein Großteil des regulären Einkommens in Steuern und Gebühren fließt - oder doch nach Amerika, wo Fremde traditionell willkommen sind -, ist aber mehr als unsicher. Denn "die Party ist vorbei" in den europäischen Industriestaaten, wie das ein führender Bevölkerungswissenschaftler in Alpbach spöttisch diagnostizierte. Er meinte damit jene Periode seit dem Krieg, in der die Zahl der Arbeitenden zwischen 20 und 60 im Verhältnis zu Kindern und Alten ausreichend hoch war, Wachstum und Wohlstand selbstverständlich.

Was Europa und erst recht das Hochindustrieland Österreich brauchen, ist nicht eine unselige Wertedebatte. Wir benötigen schlicht Einwanderer, nicht aus idealistischen, sondern aus ganz profanen wirtschaftlichen und sozialen Gründen. Und dazu eine aufrichtige öffentliche Debatte darüber, unter welchen Bedingungen, mit welchen Zielen, mit welchen verbürgten Rechten und Pflichten Fremde eingeladen werden, zu uns zu kommen und hier als Gleiche unter Gleichen zu leben - und nicht als billige, ungesicherte Arbeitssklaven. Und es muss geklärt werden, wer aus welchen Gründen abgelehnt wird.

Die politischen Führer Europas haben das im Prinzip schon vor Jahren erkannt und festgeschrieben (beim EU-Gipfel von Tampere). Was ihnen für Taten offenbar fehlte, war der Druck. Das Ächzen der Sozialsysteme könnte zum Handeln zwingen. (DER STANDARD, Printausgabe, 28.8.2003)