Katsina - Für die zum Tod durch Steinigung verurteilte Nigerianerin Amina Lawal hält die Zeit der quälenden Ungewissheit weiter an. Ein Berufungsgericht in der nordnigerianischen Stadt Katsina vertagte die Urteilsverkündung gegen die Mutter einer unehelichen Tochter am Mittwoch auf den 25. September. Zum Auftakt der zweiten Berufungsverhandlung hatten Verteidigung und Anklage noch einmal ihre Argumente dargelegt. Ein Scharia-Gericht hatte Lawal im vergangenen Jahr zum Tod durch Steinigung verurteilt, weil sie eine uneheliche Tochter geboren hatte.

Der Anwalt der 31-Jährigen hatte in der Verhandlung vor dem Obersten Gericht des Teilstaats Katsina geltend gemacht, dass seine Klientin in erster Instanz nicht richtig über die Anklage und mögliche Folgen ihrer Äußerungen aufgeklärt worden sei. Außerdem sei Lawals Tochter Wasila gezeugt worden, bevor das islamische Recht im Jahr 2000 wieder in Katsina eingeführt worden sei. Die junge Frau sei noch während ihrer Ehe schwanger geworden, das Baby sei aber erst zwei Jahre nach der Scheidung zur Welt gekommen, sagte ihr Anwalt. Im islamischen Rechtssystem ist das Phänomen des "schlafenden Embryos" allgemein anerkannt.

Belastung

Die Angeklagte selbst saß mit dem kleinen Mädchen im Arm in einer Ecke des bis auf den letzten Platz besetzten Gerichtssaals und verfolgte das Verfahren sichtlich angespannt. Ihr Onkel Magaji Liman wies auf die Belastung hin, der Lawal durch das schwebende Verfahren ausgesetzt sei: "Amina ist äußerst beunruhigt, manchmal mag sie nicht einmal mehr essen." Die mehrfache Mutter wird von führenden Anwälten ihres Landes vertreten und von internationalen Menschenrechtsgruppen unterstützt. Der Generalsekretär von ai Österreich Heinz Patzelt betonte, dass durch die wiederholte Vertagung des Prozesses und die permanente Ungewissheit kein normales Leben ermögliche und die Situation absolut untragbar sei.

Lawal war im vergangenen Jahr nach dem islamischen Scharia-Recht zum Tod durch Steinigung verurteilt worden, nachdem Dorfbewohner sie wegen der Geburt eines unehelichen Kindes denunziert hatten. In einem ersten Berufungsverfahren wurde das Todesurteil im vergangenen Sommer bestätigt; der jungen Frau droht demnach die Hinrichtung, sobald ihre jüngste Tochter nicht mehr gestillt werden muss. Sollte ihr Einspruch erneut abgelehnt werden, kann Lawal Berufung vor dem Obersten Gerichtshof einlegen.

Die nigerianische Bundesregierung von Präsident Olusegun Obasanjo ist durch den Fall Lawal in Bedrängnis geraten: Die Scharia war unter Missachtung der nigerianischen Verfassung in zwölf von 36 Teilstaaten wieder eingeführt worden, was insbesondere im Ausland zu Protesten führte. Sollte das Berufungsgericht Amina Lawal erneut für schuldig befinden, hatte Obasanjo bereits im Vorfeld eine Aufhebung des Urteils durch ein Bundesgericht zugesichert. (APA)