In einer veritablen strukturellen und keinesfalls nur in einer konjunkturellen Krise sieht Jochen Hörisch, Professor für Medienanalyse an der Mannheimer Universität, die Medien. Dadurch werde die Schere zwischen Qualitätsinformation und seichten Infotainmentprodukten immer größer. Die Ursache dafür sieht Hörisch im Gespräch mit dem STANDARD darin, dass sich angesichts der Überflutung durch Informationen die Aufnahmekapazität bei den Konsumenten immer stärker auf die Verarbeitung von Junk-Informationen konzentriere.

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Hörisch, Hauptredner bei den am Donnerstag eröffneten Alpbacher Mediengesprächen, ortet außerdem in den europäischen Gesellschaften eine zunehmende Analphabetisierung. Diese sei direkt eine Folge des technologischen Wandels, die die Lesefähigkeit für die Bewältigung des Lebens nicht mehr unbedingt voraussetzt. Vermehrt gebe es audiovisuelle Angebote, die, so Hörisch, den Qualitätsmedien im Printbereich zunehmend Konkurrenz machten. Die Zeitungen selbst leisteten diesen Entwicklungen Vorschub. So sei mittlerweile die Hamburger Die Zeit als Hörzeitung zu bekommen.

Der Medienexperte ist zudem überzeugt, dass derzeit Qualitätszeitungen viel zu billig angeboten werden. Sie könnten ihr Niveau nur dann weiter finanzieren, wenn der drei- bis vierfache Verkaufspreis verlangt würde, da die enormen Inseratenausfälle im Bereich des Stellen- und Wohnungsmarktes auch im Falle eines Aufschwungs nicht anders wettgemacht werden können. (Katharina Krawagna-Pfeiffer aus Alpbach/DER STANDARD, Printausgabe, 29.8.2003)