Deutlich aufwärts geht es bei der Schweizer Wochenzeitschrift "Die Weltwoche". Vor eineinhalb Jahren wurde das renommierte Blatt bereits totgesagt. Nach Änderungen in der Eigentümerstruktur, einem umfassenden Relaunch mit neuem Format und Konzept sowie einem massiven Sparprogramm verzeichnet "Die Weltwoche" nun Erfolge: Leser- und Verkaufszahlen sind gestiegen, im ersten Halbjahr 2003 hat der Verlag erstmals "einen kleinen Gewinn" gemacht, wie "Weltwoche"-Chefredakteur Roger Köppel im Interview mit der APA erklärt.

Reichweite um 30 Prozent gesteigert

Die Reichweite konnte dank des neuen Konzeptes, das im Frühjahr 2002 umgesetzt wurde, um über 30 Prozent gesteigert werden - von 311.000 auf 417.000 Leser. Nach einer ersten Zwischenauswertung im Jahr 2003 könnte diese Zahl nochmals deutlich steigen. Die verkaufte Auflage der "Weltwoche" konnte durch den Relaunch von unter 80.000 auf 91.000 Exemplare erhöht werden. Auch hier Tendenz steigend. Köppel: "Im Moment könnten wir im Jahresschnitt 2003 bei 104.000 verkauften Exemplaren landen. Ziel muss etwa 100.000 sein." Auch in Deutschland und Österreich wandert die Zeitschrift inzwischen immer öfter über den Ladentisch.

"Wundertüten"-Konzept

Medienexperten erinnert die neue "Weltwoche" an das alte "Wundertüten"-Konzept von Henri Nannens "stern". Köppel: "Es ist wichtig, dass wir aus diesen klassischen Segmentierungen ausgebrochen sind, die ein Blatt wie den 'Spiegel' auszeichnen." Die Schweizer Wochenzeitung ist heute - "auch aus Kostengründen" - relativ einfach strukturiert gehalten. Es gibt eine Dreiteilung: vorne aktuelle Geschichten, in der Heftmitte längere Reportagen und aufwändig recherchierte Storys, hinten Interviews und Kultur.

"Themenmischung, die aus sich heraus komponiert werden muss"

Köppel spricht von einer "Themenmischung, die aus sich heraus komponiert werden muss". Man wolle "Kontrapunkte" setzen. "'Die Weltwoche' richtet sich an Leute, die eigentlich gar nichts mehr lesen wollen. Leute, die völlig desinteressiert sind und alles langweilig finden, weil sie alles kennen. Diese Leute müssen wir beeindrucken - die überfütterten Zapper, die ein bisschen Esprit, Relevanz und gute Unterhaltung suchen." Man habe früher den Fehler gemacht, dass man die Tradition der "Weltwoche" als "Lizenz, für einen behäbigen, so genannten niveauvollen Journalismus gesehen hat, der sich aber zu weit von den realen Themen entfernt hat, die die Menschen interessieren".

Keine Berührungsängste mit Boulevard

Mit Boulevard-Themen - Kritik von Lesern gibt es in diesem Zusammenhang - hat Köppel keine Berührungsängste. "Man muss es natürlich auf der Reiseflughöhe einer 'Weltwoche' machen und darf es nicht so weit strapazieren, dass man die Glaubwürdigkeit dabei killt." Vor allem bei den jungen Lesern, nach denen viele Medienmacher mitunter verzweifelt angeln, kommt dieser Themen-Mix immer besser an. Etwa 50 Prozent der "Weltwoche"-Leser sind zwischen 14 und 39 Jahre alt. "Unsere Stärke ist es, Seriosität, Tradition, Hipness und Attraktivität zu einer guten Mischung zusammenzuführen."

"Im Moment stehen wir wirtschaftlich gut da"

Auch wirtschaftlich geht es mit der Schweizer "Wundertüte" aufwärts. Köppel: "Wir haben im letzten Jahr unser Ergebnis um mehr als acht Millionen Franken verbessert. Das ist ein Quantensprung. Wir sind von ganz weit unten gekommen, uns hat jeder totgesagt. Im Moment stehen wir wirtschaftlich sehr gut da, wir machen keine Verluste. Es gab massive Kosten-Cuts, und wir haben das Konzept so ausgerichtet, dass wir keinen riesigen Apparat brauchen. Zum Halbjahr haben wir einen kleinen Gewinn erwirtschaftet. Wir sind zuversichtlich, dass wir den Turnaround im nächsten Jahr konsolidieren können." (APA)